Barcamp im schulischen Bereich

Barcamp im schulischen Bereich

Die diesjährige Bildungskonferenz findet am 5. Oktober im Barcamp-Format statt. Barcamps sind beteiligungsorientiert und setzen auf gegenseitiges Lernen im Austausch. Teilnehmende werden dementsprechend als ‚Teilgebende‘ bezeichnet und entscheiden selbst in welcher Weise und mit welchen Inhalten sie aktiv werden wollen.

Das Format eignet sich für die Anwendung in den unterschiedlichsten Bereichen, weiß Nataliya Levytska. Die Nürnberger Grundschullehrerin, die unter anderem auf eine Zusatzausbildung Medienpädagogik verweisen kann und gerne mit den Möglichkeiten digitaler Bildungsvermittlung experimentiert, blickt auf umfangreiche positive Erfahrungen mit Barcamps im Bildungsbereich: z.B. bei den Nürnberger Digital Festivals der Jahre 2018 und 2019, an einer Grundschule bei einer pädagogischen Konferenz sowie Mini-Barcamps im Rahmen der Fortbildungsreihe „Agile Schule in Aktion“. Auch plant die Lehrkraft gemeinsam mit Beraterinnen für Migration des Regierungsbezirks von Mittelfranken eine weitere Fortbildung im Barcamp-Format mit dem Schwerpunkt „DaZ und Sprachförderung“ als eine Online-Fortbildung. Eine Anmeldung ist hier möglich über FIBS (Fortbildung an bayerischen Schulen) der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen.

Gerade im schulischen Bereich bringt das Format – als sogenanntes EduCamp – Vorteile indem es unterschiedlichen Gruppen Gehör verschafft: Schulleitung, Lehrerkollegium, Eltern (und deren Vertretung) sowie Schülerinnen und Schüler. Entsprechend einer üblichen Barcamp-Etikette duzen sich die Teilgebenden in der Regel im direkten Kontakt. Diese Art von Kommunikation auf Augenhöhe ermöglicht einen konstruktiven Austausch und rückt gewohnte Hierarchien in den Hintergrund. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden Barcamps zuletzt nicht ausschließlich in Präsenz, sondern vermehrt auch online durchgeführt.

Durch das explorative Vorgehen bietet sich das Gesprächsformat auch gerade für Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozesse an. So wurde im Rahmen einer pädagogischen Konferenz die Methode für die Entwicklung des Medienkonzeptes an der Grundschule Bartholomäusschule in Nürnberg angewendet. Nataliya Levytska erläutert Vorgehen, Inhalt und Ergebnis des Prozesses folgendermaßen:

„Nachdem wir mit FlipCharts die für unsere Ausstattung relevante Medienkompetenzen als einzelne Bausteine gesammelt hatten, wollten wir uns innerhalb des Kollegiums austauschen: wer, was und wie mit diesen Bausteinen macht (z.B. Portfolio erstellen, mit einem Aufnahmegerät arbeiten etc.). Das weitere Ziel war uns anschließend mehr zu vernetzen, um kollaborativ und kooperativ, fächer- und klassenübergreifend an der Unterrichtsentwicklung weiter zu arbeiten.“

Das Barcamp ist auch als Unterrichtsmethode geeignet, wobei die Schülerinnen und Schüler durch die Session-Vorbereitung und -Durchführung in die Expertenrolle schlüpfen, was beispielsweise auch für die Vorbereitung auf Abitur und andere Gesprächssituationen nützlich sein kann. Nataliya Levytska hat die Erfahrung gemacht, dass Projekt- oder Referatspräsentationen so eine neue Dynamik entwickeln. Die von der Initiative P21 (Partnership for 21st Century Learning) als vier Kernkompetenzen des 21. Jahrhunderts identifizierten Fähigkeiten Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken können auf diesem Weg erworben werden.

Möchte man selbst ein Barcamp organisieren, egal ob in Präsenz oder online, finden sich im Internet zahlreiche Materialien, die kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Als Orientierung für die Durchführung gelten 10 goldene Regeln:

#1. Was aus einem Barcamp wird, bestimmen die Teilgeber*innen.

#2. Es muss keinen Input geben. Eine Frage reicht.

#3. Formuliere Deinen Sessionvorschlag kurz und präzise.

#4. Es kann so viele Sessions geben, wie Anzahl der Zeitslots mal Anzahl der Räume.

#5. Eine Session kann stattfinden, wenn sie mindestens zwei Personen interessiert.

#6. Eine Person kann mehrere Sessions anbieten.

#7. Nichts auf morgen schieben!

#8. Jede Session wird dokumentiert.

#9. Es ist okay, eine Session mittendrin zu verlassen.

#10. Eine Session dauert nicht länger als 45 Minuten.

Wer Lust hat demnächst ein Barcamp zu besuchen, kann sich unter https://www.barcamp-liste.de eine Übersicht der Barcamps im deutschsprachigen Raum verschaffen. Darüber hinaus verweist Nataliya Levytska immer wieder in ihrem Blog auf weitere spannende Edu-Barcamps.

Barcamp im schulischen Bereich

Barcamp für Bildung „reloaded“ am 5.10.2022 im Gemeinschaftshaus Langwasser

Wir starten neu durch: Die 13. Nürnberger Bildungskonferenz wird als „Barcamp für Bildung“ am 5.10.2022 im Gemeinschaftshaus Langwasser stattfinden.

Nachdem wir wenige Tage vor dem eigentlich geplanten Termin am 11.11.21 die Konferenz absagen mussten, weil die fünfte Welle der Pandemie vor der Tür stand, haben wir den neuen Termin in den Herbst 2022 gelegt, um größtmögliche Chancen für die Durchführung in Präsenz zu haben.

Die Nürnberger Bildungslandschaft hat in über zwei Jahren zahlreiche Einschränkungen über sich ergehen lassen müssen, aber auch viele neue Angebote entwickelt und innovative Lösungen gefunden, um Bildungsteilhabe zu ermöglichen.
Die Nürnberger Bildungsakteure sind als „Teilgebende“ wieder aufgefordert ihre Themen und Anliegen mitzubringen und den gemeinsamen Diskurs zu zukunftsfähigen Lösungen zu führen. Das Gemeinschaftshaus Langwasser bietet uns wieder den idealen Ort für den offenen Austausch.

Über den Aufruf zur Einreichung von Sessions und alle weiteren Informationen wird Sie unser Bildungsblog auf dem Laufenden halten.

Hilft das Berufsvorbereitungsjahr Jugendlichen beim Schritt in die Ausbildung? – Ergebnisse der „Praxisforschung Berufsvorbereitung“

Hilft das Berufsvorbereitungsjahr Jugendlichen beim Schritt in die Ausbildung? – Ergebnisse der „Praxisforschung Berufsvorbereitung“

Alle jungen Menschen, die nach der Beendigung ihrer Vollzeit-Schulpflicht (mit oder ohne Schulabschluss) keinen Ausbildungsplatz oder anderweitigen Anschluss in Aussicht haben und weiterhin berufsschulpflichtig sind, münden seit dem Schuljahr 2020/21 direkt in das vollschulische „Berufsvorbereitungsjahr“ an einer der Nürnberger Berufsschulen ein. Die bayernweite Neustrukturierung zeigt – genauso wie die erstmalige Einführung eines Lehrplans für das BVJ – die weitere Institutionalisierung dieses Angebots, das in Nürnberg bereits seit langem einen festen Bestanteil des sogenannten „Übergangssystems“ bildet. Bezogen auf die Gesamtzahl der Mittelschulabgänger/-innen mündeten 2019/20 fast ein Drittel (29,2%) in eine Maßnahme der Berufsvorbereitung ein (neben dem BVJ sind dies auch weitere nichtschulische Maßnahmen).

Im aktuellen Schuljahr 2021/22 werden 370 Schüler und Schülerinnen in insgesamt 17 Klassen der Berufsvorbereitung (BVJ) unterrichtet, davon 136 in sechs Klassen nach dem kooperativen Modell (BVJ/k) gemeinsam mit einem Bildungsträger und 234 in elf vollschulischen Klassen der Berufsvorbereitung (BVJ/s).

Qualitative Praxisforschung zur Analyse der Zielerreichung

Mit der „Praxisforschung Berufsvorbereitung“, die im Dezember 2021 abgeschlossen wurde, wollte das Bildungsbüro in Abstimmung mit dem Amt für Berufliche Schulen ein Schlaglicht auf die derzeitigen Herausforderungen der Berufsvorbereitung werfen und mögliche Verbesserungspotentiale aufzeigen.

Zur Beantwortung der Forschungsfrage „Wie schätzen die BVJ-Lehrkräfte die Zielerreichung des Berufsvorbereitungsjahres ein?“ wurden im Sommer 2021 insgesamt elf leitfadengestützte Interviews mit Lehrkräften zu deren Einschätzung von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität durchgeführt und mithilfe der strukturierenden Inhaltsanalyse ausgewertet.

Aufgrund des Zeitraums der Befragung, kurz nach Schulöffnung nach der „dritten Corona-Welle“ und innerhalb der Umsetzung der neuen BVJ-Konzeption sind die Ergebnisse allerdings nicht vollständig verallgemeinerbar.

Ergebnisse der Praxisforschung

Alle befragten Lehrkräfte sehen im BVJ ein sinnvolles Konzept und erleben die praktische Umsetzung als zielführend für die Erreichung der Ziele „berufliche Handlungsfähigkeit aufbauen“, „Persönlichkeit bilden“ und „demokratische Handlungskompetenzen fördern“.

Für die Lehrkräfte ist die konkrete Arbeit mit der Zielgruppe der BVJ-Schülerinnen und Schüler – mit ihren bisherigen Bildungsverläufen und ganz individuellen Problemlagen – eine Aufgabe, die sie gleichermaßen herausfordert wie beruflich erfüllt. Sie kann nach ihrer Einschätzung nur mit einer „Pädagogik auf Augenhöhe“ gelingen, in der die Person der Lehrkraft besonders gefragt ist, indem sie sowohl empathisch Vertrauen aufbauen muss, als auch gleichzeitig sehr klare Regeln verhandeln und deren Einhaltung kontrollieren und sanktionieren muss.

In den Interviews war deutlich zu spüren, dass die Lehrkräfte mit ihrer jeweils eigenen Lehrerpersönlichkeit alle davon überzeugt sind, dass sich der Einsatz im BVJ lohnt, um den Schülerinnen und Schülern die „Lebensunterstützung“ zu geben, die diese meist bislang noch nicht erhalten haben. Sicht- und erlebbare Erfolge in Bezug auf die verbesserte Lebensreife sowie die gelungene Integration in Ausbildung motivieren die Lehrkräfte, auf dem richtigen Weg zu sein. Zentraler Erfolgsfaktor ist für sie dabei der Praxisbezug des BVJ, der insbesondere auch „schulmüde“ Jugendliche neu aktivieren kann.

Um individueller agieren zu können wünschen sich die befragten Lehrkräfte insbesondere kleinere Klassen, sowie mehr Ressourcen für die begleitende Sozialpädagogik und Schulpsychologie.

Beispielhafte Zitate aus den Interviews:

„Man kommt nirgends näher an einen Schüler ran als im BVJ.“ „Wir sind für viele Schüler die Letzten, die ihnen noch mal was sagen können fürs Leben.“

 „Es geht nur um Praxis, die müssen raus aus der Schule, die müssen in die Betriebe, Arbeiten kennenlernen. Da braucht man Ressourcen, damit man das begleiten kann.“

 „Das ist auch tatsächlich das, was wir immer im BVJ sagen, jede Stunde jede Minute, die wir jetzt in diese Schüler investieren, das sparen wir uns später an Transferleistungen.“

Aus den Wahrnehmungen und Einschätzungen ergeben sich aber einige Empfehlungen aus Sicht der Praxisforschung, die Sie in der Komplettfassung der Studie nachlesen können.

Ausblick: Zukunft des BVJ?

Das BVJ ist aus der Sicht der Lehrkräfte auf jeden Fall eine effektive Maßnahme für die Zielgruppe. Trotzdem sind aber auch nach dem BVJ einige junge Menschen auf Unterstützung angewiesen und laufen Gefahr, noch „Warteschleifen“ in Maßnahmen drehen zu müssen und auch mittelfristig nicht in eine Berufsausbildung einmünden zu können.

Dies verlangt nach weiteren Anstrengungen zu größerer Durchlässigkeit und Inklusionsfähigkeit der Berufsvorbereitung – bei Aufrüstung mit entsprechenden personellen Ressourcen – sowie nach der weiteren Profilierung des Bereichs der Berufsvorbereitung als unverzichtbares Angebot im Übergang zu Ausbildung und Arbeitswelt.


Datenquelle: Stadt Nürnberg, Amt für Berufliche Schulen.

Titelbild: © Stadt Nürnberg.

Bildung ohne Barrieren – Wie der Straßenkreuzer e.V. Menschen quer durch die Gesellschaft zusammenbringt

Bildung ohne Barrieren – Wie der Straßenkreuzer e.V. Menschen quer durch die Gesellschaft zusammenbringt

Ilse Weiß ist seit 2002 leitende Redakteurin beim Straßenkreuzer e.V. Im Gespräch geht es um die Bildungsarbeit des Vereins, mit der Menschen erreicht werden, die meist lange nicht mehr mit Bildungsangeboten in Berührung kamen.

Frau Weiß, Sie bezeichnen den Straßenkreuzer e.V. als soziales Projekt, welche Rolle spielt dabei die Bildungsarbeit?

Der Straßenkreuzer bietet seit 1994 Hilfe zur Selbsthilfe für Menschen mit wenig Geld, für Menschen ohne Obdach oder in prekären Wohnverhältnissen, für Langzeitarbeitslose. Bald war klar, und das ist ja erstmal keine neue Erkenntnis, dass der Zugang zu Bildung zum großen Teil von unseren Lebenserfahrungen und –umständen bestimmt wird. Wir haben daher möglichst schwellenfreie Bildungsprojekte, wie die „Schicht-Wechsel“-Führungen und die Straßenkreuzer Uni, aufgebaut. Das Besondere an ihnen ist, dass sie in alle Richtungen, in alle sozialen Schichten wirken und Begegnungen schaffen können.

Können Sie anhand der Straßenkreuzer Uni genauer schildern, wie dies gelingt?

Die Straßenkreuzer Uni ist mit dem Ziel gestartet, allen, die Freude an Bildung haben, ein Angebot zu machen. In erster Linie hat sich unser Angebot zuerst an arme, wohnungslose, langzeitarbeitslose Frauen und Männer gerichtet, auch an Menschen, die sich von herkömmlichen Angeboten nicht gemeint fühlen. Aber wir haben immer alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen, wollten nie ein Nischenangebot. Die Themen der Vorlesungsreihen sind wissenschaftlich fundiert, haben aber auch immer etwas mit dem Leben zu tun. Es geht beispielweise um die Börse, das Glück und viel über juristische Themen. Für die Vorlesungen lädt die Uni Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft, Politik oder Wirtschaft ein. Die Angefragten kommen seit Jahren gerne, darunter waren beispielsweise Sabine Leutheusser-Schnarrenberger oder Heinrich Bedford-Strohm. Wir freuen uns über die hohe Nachfrage, so kann die Uni je Semester etwa 13 Vorlesungen anbieten. Hier kommen Menschen zusammen, deren Wege sich im Alltag nicht kreuzen. Um diese Schwellenüberschreitung ging es uns von Beginn an. Die Hörerinnen und Hörer wissen nicht, neben wem sie sitzen werden. In einem können sie sich allerdings alle sicher sein: Es kommen nur Menschen, die das Thema interessiert. Es gibt oft keine andere Verbindung und das kann dann doch eine sehr starke Verbindung sein. Das Interesse ist unabhängig, davon, ob man eine schicke Wohnung hat oder ob man das Zimmer mit zwei anderen teilt.

Die Straßenkreuzer Uni erreicht Menschen, die sonst nicht mit akademischer Bildung in Berührung kommen. Welche Aspekte sind dafür ausschlaggebend?

Wir lassen die Vorlesungen in Räumen stattfinden, die für die, die wir als allererstes meinen, ein Gewohnheitsort sind: Räume der Heilsarmee, Notschlafstelle, Wärmestube oder bei der Stadtmission. Zudem sind wir anfangs in Wohnungslosenpensionen gegangen, haben mit Sozialarbeitern geredet und Bewohner informiert. Das war ganz wichtig, damit die Menschen wussten, dass sie wie jeder andere eigeladen sind. Darüber hinaus legen wir Wert auf eine gut verständliche Vortragssprache. Das hat nichts mit einem simpleren Inhalt zu tun, sondern mit dem Anspruch, dass möglichst viele Menschen erreicht werden. Nach dem meist halbstündigen Vortrag ist es zudem wichtig, Zeit für Fragen und Diskussionen zu lassen. Viele Menschen aus den Unterkünften können Wissen aus ihrem früheren Berufsleben einbringen. Zu Semesterende erhalten alle Teilnehmenden beim Abschlussfest eine Urkunde als Zeichen der Anerkennung, wenn sie eine Vorlesungsreihe besucht haben.

Bei den „Schicht-Wechsel“-Führungen bieten von Armut, Obdachlosigkeit und Drogensucht betroffene Menschen selbst neue Einblicke für Bürger und Bürgerinnen. Welche gesellschaftliche Bedeutung hat dies aus Ihrer Sicht?

Bei den „Schicht-Wechsel“-Stadtführungen geht es uns darum, die Sichtweise auf soziale Schichten, Armut und Behinderung, Sucht und Ausgrenzung zu prüfen. Ich will nicht sagen ändern, prüfen ist schon ganz gut. Die Touren führen Frauen und Männer, die selbst auf der Straße gelebt haben, Drogenprobleme hatten oder wissen wie es ist arm zu sein. Als Expertinnen und Experten berichten sie über persönliche Erfahrungen und leisten somit Aufklärung. Führungen in dieser Art gibt es in vielen Städten. Wir waren jedoch die ersten, die sich dafür entschieden, auf der Tour in Einrichtungen zu gehen. Mittlerweile beteiligen sich über 40 Einrichtungen und so konnten wir fünf Touren mit unterschiedlichen Schwerpunkten konzipieren, die verschiedene Orte der Hilfe und Armut aufsuchen. Dabei kommt es zu Schwellenüberschreitungen, weil die Menschen im normalbürgerlichen Leben nicht in Austausch mit Betroffenen kommen oder diese Einrichtungen betreten. Daher sind die Führungen sehr gefragt, besonders von Gruppen, wie Schulklassen, FSJler, Studenten, Betrieben und angehenden Polizisten.

Sie haben bereits anklingen lassen, dass sich mit der Corona-Pandemie viel für den Straßenkreuzer verändert hat. Wie sieht die Situation bei Ihnen aus?

Die Pandemie hat vieles verändert. Für den „Schicht-Wechsel“ haben wir neue Formate, wie Außenführungen oder virtuelle Führungen, gefunden. Doch die Uni ist just seit unserem 10. Jahr ein Brachland und bereitet Sorgen. Wir haben mehrere Anläufe gemacht. Das ist mittlerweile auch keine Option mehr, weil es wirklich keine Räume gibt und es auch niemand verantworten kann. Online ist für uns keine Alternative, weil wir direkten Kontakt zu den Menschen brauchen. Bei der Uni geht es um Wertschätzung, Wahrnehmen, in Austausch treten. Hier braucht man mehr als nur die Möglichkeit Worte zu sagen.


Titelbild: © Stadt Nürnberg, Bildungsbüro

Deutsch lernen trotz Pandemie – Die Situation in den Sprachkursen des Bundes

Deutsch lernen trotz Pandemie – Die Situation in den Sprachkursen des Bundes

In allen Bildungsbereichen haben die Zeiten der Kontaktbeschränkungen tiefe Spuren hinterlassen, so auch in der beruflichen Weiterbildung. Für die Lernenden stellte die Verlagerung vieler Bildungsangebote ins Digitale oft eine große Herausforderung dar. Für Neuzugewanderte, die sich noch in Kursen zum Deutschspracherwerb befanden, erschwerten zudem sprachliche Barrieren und teilweise mangelnde Alphabetisierung (in lateinischer Schrift) eine Teilnahme an Online-Angeboten.

Auf diese Situation musste das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das die Sprachprogramme des Bundes verantwortet, bereits im ersten Lockdown Mitte März 2020 ad hoc reagieren.

Da die Dauer der veränderten Rahmenbedingungen zunächst nicht absehbar war, wurden zunächst alle Kurse aufgrund Verordnungen und Allgemeinverfügungen der Länder für mehrere Wochen ausgesetzt. Nach Beendigung des ersten Lockdowns reagierte das Bundesamt dann schnell. Um den Sprachstand der Teilnehmenden zumindest zu erhalten, wurden Online-Tutorien auf einer Lernplattform bereitgestellt. Für die Kursträger wurde durch das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (Sozialschutzpaket der Bundesregierung) Überbrückungshilfe in Form monatlicher Zuschüsse geleistet.

Entstehung neuer Kursformate

Ab Mai 2020 konnten aufgrund erster Lockerungen die Kurse nach und nach wiederaufgenommen werden, ausschlaggebend für die Durchführungen waren allerdings die unterschiedlichen Hygienemaßnahmen in den Ländern. Ab Juli 2020 stand für das BAMF deswegen die Erhaltung der Flexibilität der Träger im Mittelpunkt, damit sie je nach örtlichen und firmenspezifischen Gegebenheiten den Kursbetrieb aufrechterhalten konnten. Die Sprachschulen hatten die Wahl, unterschiedliche Kursformate anzubieten: Präsenzunterricht, das sogenannte virtuelle Klassenzimmer (Online-Unterricht), Präsenzunterricht mit zugeschaltetem virtuellem Klassenzimmer, Präsenzunterricht mit Live-Übertragung in einen zweiten Kursraum sowie Präsenzunterricht mit einer Lehrkraft in zwei Kursräumen. Bei letztgenannter Kursform wechselt die Lehrkraft alle 45 bis 90 Minuten den Raum. Die Teilnehmenden können in Abwesenheit der Lehrkraft selbständig arbeiten oder dem Unterricht im anderen Raum digital folgen. Von den Lehrkräften erforderten die neuen Modelle eine hohe Flexibilität und Einsatzbereitschaft.

Viele Sprachschulen hatten keine Räumlichkeiten, die es ermöglichten die Abstandsregeln einzuhalten. Daher senkte das Bundesamt in einzelnen Kursformen, beispielsweise bei den Alphabetisierungskursen die Mindestteilnehmendenzahl bei Aufrechterhaltung der vollen Finanzierung. Gerade in den Anfängerkursen war es wichtig, weiterhin Präsenzkurse anzubieten, da hier für die Sprachlernenden die Hürden für eine Online-Teilnahme besonders hoch sind.

Rückgang der Teilnehmendenzahlen

Die Maßnahmen des Bundesamts und die Bemühungen der Sprachschulen waren insofern erfolgreich, dass bereits in den Monaten August bis November 2020 die Zahl der begonnenen und wiederaufgenommenen Kurse annähernd die Werte des Vorjahres erreicht hat. Im Dezember folgte allerdings der zweite Lockdown, der das Kursgeschehen erneut stark einschränkte.

Insgesamt kam es 2020 bundesweit zu einem Rückgang der Teilnehmendenberechtigungen zum Vorjahr um 30 % und der tatsächlichen Teilnahmen um 40 %. Bei den erreichten Sprachlernzielen hingegen stellte das BAMF keinen großen Einbruch fest. Von den Prüfungsteilnehmenden aus den allgemeinen Integrationskursen erreichten im Jahr 2020 62,5 % das Niveau B1 (2019 63,1 %). Auch der Anteil derjenigen, die entweder das Niveau B1 oder das Niveau A2 erreichten, bleib mit über 90 %; konstant. Die Ergebnisse bei den Alphakursen wichen ebenso wenig von denjenigen im Vorjahr ab: A2 erreichten im Jahr 2020 50,3 % der Testteilnehmenden, (2019 52,7 %), B1 13,4 % (2019 13,7%). Allerdings war die Zahl der Prüfungsteilnahmen im Jahr 2020 insgesamt wesentlich geringer als im Vorjahr (2019: 195.000, 2020: 123.000).

Situation in Nürnberg

Betrachtet man die Situation in Nürnberg, hat sich die Zahl der Integrationskursberechtigungen von 2019 auf 2020 von 2.799 auf nur noch 2.091 deutlich gesenkt. Auch die konkreten Teilnahmen haben abgenommen, von 2.221 im Jahr 2019 auf 1.308 im Jahr 2020, damit war der Rückgang der Teilnahmen stärker (um 2 %) als im Bundesdurchschnitt. Wurden 2019 noch 128 Kurse in den Nürnberger Sprachkursen begonnen, waren es 2020 nur noch 90 Kurse. Für das Jahr 2021 liegen noch keine Zahlen vor.

Abbildung 1: Integrationskursberechtigungen und neue Teilnahmen, 2019 und 2020

Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Insgesamt bieten derzeit in Nürnberg 21 Sprachschulen vom Bund finanzierte Integrationskurse und/oder Berufssprachkurse in den unterschiedlichen Formaten an. Nach wie vor braucht es ein großes Engagement der Schulen und insbesondere der Lehrkräfte, um einen reibungslosen Kursbetrieb aufrechtzuerhalten, da ständig neue Hygieneschutzmaßnahmen und Zugangsregelungen (von 3G über 3G+ zu 2G) beachtet und umgesetzt werden müssen.


Datenquelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Titelbild: © Anna Earl.