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Hilft das Berufsvorbereitungsjahr Jugendlichen beim Schritt in die Ausbildung? – Ergebnisse der „Praxisforschung Berufsvorbereitung“

Beitrag vom 02. Feb. 2022

Alle jungen Menschen, die nach der Beendigung ihrer Vollzeit-Schulpflicht (mit oder ohne Schulabschluss) keinen Ausbildungsplatz oder anderweitigen Anschluss in Aussicht haben und weiterhin berufsschulpflichtig sind, münden seit dem Schuljahr 2020/21 direkt in das vollschulische „Berufsvorbereitungsjahr“ an einer der Nürnberger Berufsschulen ein. Die bayernweite Neustrukturierung zeigt – genauso wie die erstmalige Einführung eines Lehrplans für das BVJ – die weitere Institutionalisierung dieses Angebots, das in Nürnberg bereits seit langem einen festen Bestanteil des sogenannten „Übergangssystems“ bildet. Bezogen auf die Gesamtzahl der Mittelschulabgänger/-innen mündeten 2019/20 fast ein Drittel (29,2%) in eine Maßnahme der Berufsvorbereitung ein (neben dem BVJ sind dies auch weitere nichtschulische Maßnahmen).

Im aktuellen Schuljahr 2021/22 werden 370 Schüler und Schülerinnen in insgesamt 17 Klassen der Berufsvorbereitung (BVJ) unterrichtet, davon 136 in sechs Klassen nach dem kooperativen Modell (BVJ/k) gemeinsam mit einem Bildungsträger und 234 in elf vollschulischen Klassen der Berufsvorbereitung (BVJ/s).

Qualitative Praxisforschung zur Analyse der Zielerreichung

Mit der „Praxisforschung Berufsvorbereitung“, die im Dezember 2021 abgeschlossen wurde, wollte das Bildungsbüro in Abstimmung mit dem Amt für Berufliche Schulen ein Schlaglicht auf die derzeitigen Herausforderungen der Berufsvorbereitung werfen und mögliche Verbesserungspotentiale aufzeigen.

Zur Beantwortung der Forschungsfrage „Wie schätzen die BVJ-Lehrkräfte die Zielerreichung des Berufsvorbereitungsjahres ein?“ wurden im Sommer 2021 insgesamt elf leitfadengestützte Interviews mit Lehrkräften zu deren Einschätzung von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität durchgeführt und mithilfe der strukturierenden Inhaltsanalyse ausgewertet.

Aufgrund des Zeitraums der Befragung, kurz nach Schulöffnung nach der „dritten Corona-Welle“ und innerhalb der Umsetzung der neuen BVJ-Konzeption sind die Ergebnisse allerdings nicht vollständig verallgemeinerbar.

Ergebnisse der Praxisforschung

Alle befragten Lehrkräfte sehen im BVJ ein sinnvolles Konzept und erleben die praktische Umsetzung als zielführend für die Erreichung der Ziele „berufliche Handlungsfähigkeit aufbauen“, „Persönlichkeit bilden“ und „demokratische Handlungskompetenzen fördern“.

Für die Lehrkräfte ist die konkrete Arbeit mit der Zielgruppe der BVJ-Schülerinnen und Schüler – mit ihren bisherigen Bildungsverläufen und ganz individuellen Problemlagen – eine Aufgabe, die sie gleichermaßen herausfordert wie beruflich erfüllt. Sie kann nach ihrer Einschätzung nur mit einer „Pädagogik auf Augenhöhe“ gelingen, in der die Person der Lehrkraft besonders gefragt ist, indem sie sowohl empathisch Vertrauen aufbauen muss, als auch gleichzeitig sehr klare Regeln verhandeln und deren Einhaltung kontrollieren und sanktionieren muss.

In den Interviews war deutlich zu spüren, dass die Lehrkräfte mit ihrer jeweils eigenen Lehrerpersönlichkeit alle davon überzeugt sind, dass sich der Einsatz im BVJ lohnt, um den Schülerinnen und Schülern die „Lebensunterstützung“ zu geben, die diese meist bislang noch nicht erhalten haben. Sicht- und erlebbare Erfolge in Bezug auf die verbesserte Lebensreife sowie die gelungene Integration in Ausbildung motivieren die Lehrkräfte, auf dem richtigen Weg zu sein. Zentraler Erfolgsfaktor ist für sie dabei der Praxisbezug des BVJ, der insbesondere auch „schulmüde“ Jugendliche neu aktivieren kann.

Um individueller agieren zu können wünschen sich die befragten Lehrkräfte insbesondere kleinere Klassen, sowie mehr Ressourcen für die begleitende Sozialpädagogik und Schulpsychologie.

Beispielhafte Zitate aus den Interviews:

„Man kommt nirgends näher an einen Schüler ran als im BVJ.“ „Wir sind für viele Schüler die Letzten, die ihnen noch mal was sagen können fürs Leben.“

 „Es geht nur um Praxis, die müssen raus aus der Schule, die müssen in die Betriebe, Arbeiten kennenlernen. Da braucht man Ressourcen, damit man das begleiten kann.“

 „Das ist auch tatsächlich das, was wir immer im BVJ sagen, jede Stunde jede Minute, die wir jetzt in diese Schüler investieren, das sparen wir uns später an Transferleistungen.“

Aus den Wahrnehmungen und Einschätzungen ergeben sich aber einige Empfehlungen aus Sicht der Praxisforschung, die Sie in der Komplettfassung der Studie nachlesen können.

Ausblick: Zukunft des BVJ?

Das BVJ ist aus der Sicht der Lehrkräfte auf jeden Fall eine effektive Maßnahme für die Zielgruppe. Trotzdem sind aber auch nach dem BVJ einige junge Menschen auf Unterstützung angewiesen und laufen Gefahr, noch „Warteschleifen“ in Maßnahmen drehen zu müssen und auch mittelfristig nicht in eine Berufsausbildung einmünden zu können.

Dies verlangt nach weiteren Anstrengungen zu größerer Durchlässigkeit und Inklusionsfähigkeit der Berufsvorbereitung – bei Aufrüstung mit entsprechenden personellen Ressourcen – sowie nach der weiteren Profilierung des Bereichs der Berufsvorbereitung als unverzichtbares Angebot im Übergang zu Ausbildung und Arbeitswelt.


Datenquelle: Stadt Nürnberg, Amt für Berufliche Schulen.

Titelbild: © Stadt Nürnberg.

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