Im Werkstattgespräch der diesjährigen Nürnberger Bildungskonferenz wird Dr. Deborah Schnabel mit Prof. Dr. Isa Jahnke, Gründungsvizepräsidentin der Technischen Universität Nürnberg, und Martin Fehrensen, Mitgründer des Social Media Watchblogs, über politische Bildung in der digitalisierten Gesellschaft diskutieren. Die promovierte Psychologin ist Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank und die Weiterentwicklung politischer Bildung in einer digitalisierten Öffentlichkeit gehört zu ihren Kernthemen.
Die 1994 gegründete Bildungsstätte Anne Frank sensibilisiert bundesweit durch Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu Antisemitismus, Rassismus und anderen Formen der Menschenfeindlichkeit. Die Einrichtung unterstützt Schulen, Verbände und andere Institutionen im Umgang mit Rechtspopulismus und Radikalisierung. Dazu gehört unter anderem die Entwicklung eigener Bildungsangebote wie Workshops, Fortbildungen und interaktive Ausstellungen – sogenannte Lernlabore.
Vor ihrer Tätigkeit in der Bildungsstätte Anne Frank beschäftigte sich Schnabel sowohl praktisch als auch wissenschaftlich mit Fragen des interkulturellen Zusammenlebens. Als Direktorin der Bildungsstätte Anne-Frank liegt ein Schwerpunkt ihrer Arbeit im Bereich der sozialen Medien sowie – zuletzt immer mehr – zur Wirkung Künstlicher Intelligenz. So schilderte sie im Mai 2024 in einem Interview, dass zunächst die „sozialen Medien als Möglichkeits- und auch Gefahrenräume der antisemitismus- und rassismuskritischen Bildungsarbeit“ betrachtet worden seien, nun aber die Künstliche Intelligenz eine immer wichtigere Rolle spiele. „Gerade im Superwahljahr 2024, in dem die KI stark auf Meinungsbildungsprozesse einwirkt und es um die Macht der Bilder geht, haben wir uns zum Ziel gesetzt, uns intensiv mit dem Thema KI zu befassen.“
Im Februar 2024 beschäftigen sich Schnabel und weitere Autor*innen im Sammelband „Code & Vorurteil“ unter anderem mit der Frage, welche Rolle Künstliche Intelligenz im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus spielen kann. In ihrem Beitrag mit dem Titel „Frag doch mal das Hologramm“ zeigt sie die Notwendigkeit eines postdigitalen Zugangs zur politischen Bildung auf und erläutert, wie „eine Technologie nicht nur zum reinen Selbstzweck eingesetzt wird, sondern im besten Fall ein Problem löst“. In der Zusammenfassung des Bandes formuliert Schnabel Thesen zum Verhältnis von Künstlicher Intelligenz, Rassismus und Antisemitismus.
Mit ihrer Analyse zur politischen Meinungsbildung junger Menschen in sozialen Medien sowie ihren Erfahrungen, Künstliche Intelligenz in die politische Bildung einzubeziehen, wird Schnabel spannende Impulse in das Werkstattgespräch der Bildungskonferenz einbringen.
Quellen:
Adeoso, M./ Berendsen, E./ Fischer, L./ Schnabel, D. (2024, 20. Februar): Code & Vorurteil. Über Künstliche Intelligenz, Rassismus und Antisemitismus. Verbrecher Verlag.
Die 15. Nürnberger Bildungskonferenz „Bildung für die digitalisierte Gesellschaft“ findet am 7.11.2024 von 9.30 bis 16.00 Uhr im Z-Bau statt und befasst sich mit (politischer) Bildung in der digitalen Gegenwart und mit digitalen Aspekten der aktuellen Bildungspraxis in unterschiedlichen Bereichen.
Die fortschreitende digitale Transformation eröffnet große Chancen für ein demokratisches Gemeinwesen, gleichzeitig wird sie als Katalysator für gesellschaftliche Spaltungen identifiziert. Hier ist der Frage nachzugehen, wie (politische) Bildung an die Herausforderungen einer digitalisierten Öffentlichkeit angepasst werden kann und welche Rolle digitale Medien bei der Vermittlung von politischem Wissen und kritischem Denken spielen. Weiterhin soll diskutiert werden, wie digitale Grundkompetenzen vermittelt bzw. erworben und die Potentiale von Digitalisierung, beispielsweise von Künstlicher Intelligenz, in den Dienst von Bildung gestellt werden können, um soziale Teilhabe zu fördern.
Im Plenum am Vormittag findet nach der Begrüßung durch Oberbürgermeister Marcus König ein ausführliches Podiumsgespräch mit Dr. Deborah Schnabel (Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main), Prof. Dr. Isa Jahnke (Gründungsvizepräsidentin der Technischen Universität Nürnberg) und Martin Fehrensen (Gründer des Social Media Watchblogs) statt.
Am Nachmittag fokussieren sich sechs Fachforen auf unterschiedliche Bildungsbereiche: Ein Abgleich von Wissenschaft und (lokaler) Praxis mit Möglichkeiten zur Debatte und Austausch.
Die Bildungskonferenz findet am 7. November 2024 im Z-Bau statt, einem Kulturhaus in Nürnbergs Süden. Der Z-Bau versteht sich als soziokulturelles und spartenübergreifendes Zentrum, das unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren eine Plattform und Gestaltungsräume bietet.
In seiner aktuellen Form stellt der Z-Bau seit Oktober 2015 ein neues Kulturzentrum mit verschiedenen Veranstaltungsräumen, Ateliers, Werkstätten, einem Biergarten und großem Außenareal dar. Bereits seit dem Jahr 2000 wurde die ehemalige Kaserne, errichtet in den 1930er Jahren und nach dem Krieg von den amerikanischen Streitkräften genutzt, von verschiedenen Kollektiven und Vereinen kulturell bespielt. Entsprechend eines neuen, umfassenden Nutzungskonzept erfolgte 2012 bis 2014 der Umbau des Gebäudes, das seitdem von einem neu gegründeten Betreiber, der „Gesellschaft für kulturelle Freiräume mbH“, bestehend aus dem Kunstverein Hintere Cramergasse e.V., der Musikzentrale Nürnberg e.V. und der Stadt Nürnberg betrieben wird.
Der Z-Bau ist heute als freies und offenes Kulturhaus für Gegenwartskultur konzipiert. Entsprechend breit ist die kulturelle Nutzung des Hauses: Neben Konzerten finden Veranstaltungen aus sämtlichen kulturellen Sparten wie Theater, Film, Literatur, Performance und Ausstellungen statt. Außerdem werden die Räumlichkeiten von Künstlerinnen und Künstler, Kollektiven und Kulturvereinen gemietet, die tagsüber in ihren Ateliers und Studioräumen arbeiten. Darüber hinaus finden Workshops, Seminare und Vorträge für alle Altersgruppen statt.
Mit dieser vielseitigen Ausrichtung bietet der Z-Bau allen Teilnehmenden der Bildungskonferenz einen besonderen Rahmen für fachlichen Austausch und neue Impulse.
Der Z-Bau befindet sich in der Frankenstraße 200 in 90461 Nürnberg. Eine Anfahrtsbeschreibung und Informationen zur Barrierefreiheit finden Sie hier: Z-Bau – Haus für Gegenwartskultur
Weitere Informationen zum Programm der Bildungskonferenz, wie z.B. die Inhalte der Foren, lesen Sie hier im Blog ab September. Die Online-Anmeldung startet am 12.9.24.
Im Juni erschien der 10. Nationale Bildungsbericht „Bildung in Deutschland 2024“, der alle zwei Jahre veröffentlicht wird und Auskunft über die Gesamtentwicklung des deutschen Bildungswesens gibt. Erstellt wird er durch eine unabhängige Autor/-innengruppe auf Basis von amtlichen Statistiken sowie sozialwissenschaftlichen Daten und Studien. Im Bericht wird neben Grundinformationen zu den Ausgaben und dem Personal sowie zu Bildungsverläufen ein Überblick über die verschiedenen Bildungsbereiche gegeben. Bei der aktuellen Ausgabe liegt der Fokus auf der beruflichen Bildung (siehe auch Blogbeitrag „Der erste Schritt nach der Schulausbildung: Einmündung in das Berufsbildungssystem“). Der Bildungsbericht bietet damit eine datenbasierte Grundlage, um bildungspolitische Herausforderungen zu erkennen und eine sachorientierte Diskussion zu ermöglichen.
Expansion des Bildungssektors
Zu den wichtigsten Befunden zählt, dass sich der Bildungssektor vergrößert. Im Allgemeinen gibt es mehr Bildungsteilnehmende in mehr Bildungseinrichtungen mit mehr Beschäftigten. Ein Beispiel für die Expansion wäre der frühkindliche Bereich mit dem Ausbau der Kindertagesstätten. Im Berichtsjahr 2022 waren dort etwa 700.000 pädagogisch tätige Personen beschäftigt, ein Anstieg von 54 % innerhalb von zehn Jahren. Die Anzahl der Kindertageseinrichtungen stieg in diesem Zeitraum um 14 %. Entsprechend haben sich die gesamten Bildungsausgaben in absoluten Zahlen erhöht. Sie stiegen in dem genannten Zeitraum um 46 % auf 264 Milliarden Euro. Im Verhältnis zur Wirtschaftskraft zeigt sich allerdings kaum eine Erhöhung. Im Jahr 2022 entsprachen die Ausgaben 6,8 % des Bruttoinlandprodukts und somit lediglich 0,2 Prozentpunkte mehr als zehn Jahre zuvor.
In verschiedenen Bildungsbereichen wird eine wachsende Heterogenität der Bildungsteilnehmenden festgestellt. Dies hat unterschiedliche Dimensionen. Die Zuzüge von Menschen aus dem Ausland nach Deutschland sind in den vergangenen zehn Jahren angestiegen. So lag das Zuwanderungssaldo bei den unter 20-Jährigen im Jahr 2012 bei 87.567 Personen, im Jahr 2022 waren dies 506.503 Personen. Auch verlassen mehr junge Menschen die Schule ohne Abschluss. Lag der Anteil 2021 noch bei 5,9 %, stieg er im Jahr 2021 leicht auf 6,2 % und im Jahr 2022 auf 6,9 %. Im Bereich der Hochschulbildung steigt die Heterogenität der Studierenden ebenfalls. Jede/r vierte Studierende an öffentlichen Hochschulen hat bereits einen beruflichen Abschluss.
Soziale Disparitäten bestehen fort
Ein Befund aus vorherigen Berichten zeigt sich erneut, Bildungserfolg und -teilnahme sind weiterhin stark abhängig von der sozioökonomischen Herkunft. Beispielsweise werden Kindertageseinrichtungen trotz ähnlicher Bedarfe der Eltern wahrscheinlicher von Kindern ohne Migrationshintergrund besucht. Insbesondere bei den 3- bis unter 6-jährigen nahm die Besuchsquote bei den Kindern mit Migrationshintergrund sogar ab. Unterrepräsentiert sind ebenfalls Kinder, die mit ihren Müttern aus der Ukraine fliehen mussten.
Unterschiede aufgrund von Herkunftsmerkmalen zeigen sich auch beim Übergang nach der Grundschule: so hatten im Jahr 2021 über drei Viertel der Kinder aus Familien mit hohem sozioökonomischen Status eine Gymnasialempfehlung, wohingegen für Kinder aus Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status dies für weniger als ein Drittel zutraf. Ein Unterschied zwischen Kindern aus akademisch gebildeten und nicht akademisch gebildeten Elternhäusern zeigt sich bei der Teilnahme an hochschulischer Bildung. Bei erstgenannter Gruppe nehmen 78 von 100 ein Studium auf, bei der zweiten Gruppe sind es lediglich 25 von 100 Kindern.
Zwar gibt es grundsätzliche eine hohe Weiterbildungsbeteiligung in der Bevölkerung (83 % der Erwachsenen haben laut Selbstangabe ein non-formales oder formales Bildungsangebot in den vorangegangenen 12 Monaten wahrgenommen), Unterschiede lassen sich aber je nach vorhandenem Bildungsabschluss ausmachen. Ohne bzw. mit erstem Schulabschluss lag die Quote 2022 bei 70,1 %, mit mittlerem Schulabschluss bei 81,8 % und mit Fach- oder Hochschulreife sogar bei 92,9 %.
Fachkräftemangel vor allem im frühkindlichen und schulischen Bereich
Der Fachkräftemangel ist bei der quantitativen und qualitativen Ausgestaltung von Bildungsangeboten eine große Herausforderung. Er zeigt sich besonders im frühkindlichen und im Schulbereich. Durch die steigende Zahl der Kindertageseinrichtungen wuchs der Bedarf an pädagogisch Tätigen. Hier sind in Deutschland rund 700.000 Menschen beschäftigt, was einem Anstieg um 54 % innerhalb von zehn Jahren entspricht. Momentan wird in Westdeutschland bis ins Jahr 2035 ein Personalmangel prognostiziert.
Im Schulwesen versucht man sich mit Lehrkräften im Rentenalter oder aus dem Ausland, mit Seiteneinsteiger/-innen (kein Lehramtsstudium und kein Referendariat) und Quereinsteiger/-innen (kein Lehramtsstudium, aber Pflicht eines Referendariats) zu behelfen. Die Regelungen und Möglichkeiten unterscheiden sich dabei zwischen den Bundesländern. Im Schuljahr 2022/23 waren an allgemeinbildenden Schulen in Bayern 690 Lehrkräfte im Rentenalter, die ihren Schuldienst verlängerten oder aus dem Ruhestand zurückkehrten, tätig (Kuhn, 2023). Im Vergleich zu anderen Bundesländern spielen die 54 neueingestellte Seiteneinsteiger/-innen im Jahr 2023 (dies entspricht einem Anteil von 1,3 %) eine geringere Rolle.
Konkrete politische und pädagogische Handlungsempfehlungen formuliert die Autor/-innengruppe nicht, verweist aber auf die Bedeutung der identifizierten Handlungsfelder für die qualitätsvolle Weiterentwicklung des Bildungssystems. Die Bildungsexpert/-innen betonen noch dazu den Vorteil von strukturell verankerten Konzepten im Vergleich zu Förderprogrammen. Außerdem sind sie dafür, möglichst früh in der Bildungsbiographie Kompetenzdefizite zu adressieren, am besten bereits im frühkindlichen Bereich.
Quellen:
Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland 2024. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu beruflicher Bildung, Bielefeld 2024. Abrufbar unter Bildung in Deutschland 2024 — Bildungsbericht.
Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland 2024. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu beruflicher Bildung, Tabellenanhang, Bielefeld 2024. Abrufbar unter Daten 2024 — Bildungsbericht.
Dabei zeigt sich aber der Ausbildungsmarkt in Nürnberg – genauso wie im Bundestrend (Bundesagentur für Arbeit 2023a) – wieder stabiler: Der Rückgang der Nachfrage (d.h. der gemeldeten Bewerber/-innen) scheint zumindest zunächst gestoppt, auch wenn dieser Zuwachs auf sehr geringen Fallzahlen (+33 auf 3.037) beruht. Gleichzeitig liegt das Niveau der gemeldeten Ausbildungsstellen (4.330) immer noch unterhalb des „Vor-Corona-Stands“ 2018/19 (vgl. Abb.1).
Die Ausbildungsquote (Anteil der sozialversicherungspflichtigen Auszubildenden an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt) in der Stadt Nürnberg sank dagegen weiter auf 4,1% im Jahr 2022, mit 2.865 Betrieben bilden wiederum weniger Betriebe aus als in den Vorjahren. Das ist der niedrigste Stand seit 2011 (Bundesagentur für Arbeit 2024).
Auch der Indikator „erweiterte Angebots-Nachfrage-Relation“ (eANR für den gesamten Agenturbezirk, Definition siehe: Bildung in Nürnberg. 2022. Sechster Bildungsbericht der Stadt Nürnberg, 2022, S.191) von 106,6 zeigt den rechnerischen Überhang von Ausbildungsangeboten deutlich: lag dieser vor 2017 noch unter 100, kommen heute bereits 106,6 Angebote auf 100 Bewerber/-innen. Im Vorjahr 2021/22 waren dies 105,6. In Bayern insgesamt liegt die Relation sogar bei 116,7 (Bundesinstitut für Berufsbildung 2023) Im Bereich der Stadt Nürnberg kamen 2022/23 rechnerisch auf 100 betriebliche Berufsausbildungsstellen 73 Bewerber/-innen (Bundesagentur für Arbeit 2023b).
Abb. 1: Seit Beginn des Berichtsjahrs gemeldete Berufsausbildungsstellen und Bewerber/-innen für Berufsausbildungsstellen in der Stadt Nürnberg, Berichtsjahre 2017/18 bis 2022/23
Anmerkung: Ein Berichtsjahr bezieht sich auf den Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 30. September des Folgejahres. Datenrevisionen können zu Abweichungen gegenüber Auswertungen mit früherem Erstellungsdatum führen. Die Zahlen für die gemeldeten Ausbildungsstellen 2020/21 wurden noch nach oben korrigiert. Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Bewerber und Berufsausbildungsstellen, September 2017 bis 2022; eigene Darstellung.
Damit würden theoretisch jeder und jedem Ausbildungsplatzsuchenden auch eine Ausbildungsstelle zur Verfügung stehen. Der Blick auf die „unversorgten Bewerber/-innen“ und die „unbesetzten Ausbildungsplätze“ zeigt aber, dass in der Praxis der Ausgleich nicht ausreichend stattfindet:
Weiterhin Mismatch: Bewerber/-innen finden keine Stelle, Betriebe können nicht besetzen
Wie bundesweit blieben auch in Nürnberg 2023 zahlreiche Ausbildungsstellen unbesetzt: 2023 waren dies 678, d.h. 15,7% aller gemeldeten Berufsausbildungsstellen (eine Steigerung von 11,3% zum Vorjahr; bundesweit betrug diese 14%). Abbildung 2 zeigt diese fortschreitende Entwicklung: auch relativ zur Gesamtzahl steigen die unbesetzten Stellen stetig an. Besonders viele unbesetzte Stellen zeigt die BA-Statistik u.a. in Berufen wie Handel (44) und Verkauf (140) sowie Arzt- und Praxishilfe (54) (Bundesagentur für Arbeit 2023b).
Gleichzeitig fanden 184 Ausbildungssuchende keine Ausbildungsstelle. Diese Zahl der sog. „erfolglosen Bewerber/-innen“, d.h. derjenigen jungen Menschen, die am 30. 9. des Jahres noch ausbildungssuchend gemeldet sind, ist im Vorjahresvergleich sowohl absolut wie relativ leicht angestiegen.
Der Indikator „unversorgte Bewerber/innen auf 100 unbesetzte Ausbildungsstellen“ zeigt dieses Mismatch, dessen Größenordnung in den letzten drei Jahren gleichblieb: 2023 waren dies 27 „unversorgte“ Bewerberinnen auf 100 unbesetzte Plätze. Besonders hoch liegt das Mismatch 2023 in Nürnberg z.B. bei den Berufsbereichen „Informatik“ (144 unversorgte Bewerber auf 100 unbesetzte Stellen) und Softwareentwicklung (133), Energietechnik (80) und Maschinenbau- und Betriebstechnik (75) ((Bundesagentur für Arbeit 2023b)). Bezieht man die 235 „Personen mit Alternative“ in die Betrachtung ein, standen zum 30. 9.2023 den 678 freien Ausbildungsplätzen insgesamt 419 ausbildungssuchende junge Menschen gegenüber. Die Anzahl derer, die über eine solche „Alternative“ (wie z.B. die Fortführung der Schulausbildung) verfügten, sank zum Vorjahr leicht (Abb. 2).
Die Gründe für das nicht ausbalancierte Verhältnis werden seit Jahren in regionalen, berufsfachlichen und qualifikatorischen Disparitäten gesehen. Die Bundesagentur für Arbeit weist auf weitere Einflussgrößen wie das Image von Ausbildungsberufen und -betrieben, die Arbeitszeiten, die Vergütung oder die Perspektiven nach dem Abschluss der Ausbildung (auf der Seite der Betriebe) oder die Schulnoten und Sozialkompetenzen (auf der Seite der Schulabsolvent/-innen) hin. Häufig spiele auch die Erreichbarkeit einer Ausbildungsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder die Entfernung zur Berufsschule eine Rolle. Gleichzeitig signalisieren die Zahlen laut Bundesagentur für Arbeit auch die Möglichkeit zur Offenheit des Ausbildungsmarkts über den 30.9. hinaus (Besetzungen im sog. „5. Quartal“) (Bundesagentur für Arbeit 2023a).
Auch die IHK-Herbstumfrage zur Ausbildungsstellensituation (in gesamt Mittelfranken) bestätigt diese Einschätzung: hier sind die Besetzungsquote im Vergleich zu 2021 um 2,2% zurückgegangen und es bleibt „gut jeder fünfte Ausbildungsplatz unbesetzt“. Gleichzeitig würden 100 der befragten Betriebe kurzfristig noch bis zu 245 Auszubildende einstellen (IHK Nürnberg für Mittelfranken 2024).
Abbildung 2: Bewerber/-innen mit Alternative oder unversorgt sowie unbesetzte Ausbildungsstellen, 2021 bis 2023
Anmerkung: Stand jeweils 30.9. des Jahres. Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Berufsausbildungsstellen und Bewerber für Berufsausbildungsstellen, jeweils September.
Maßnahmen brauchen System und ein aktives Netzwerk
Die Daten zeigen: die Gewinnung von Jugendlichen für eine duale Berufsausbildung ist „eine der zentralen Herausforderungen zur künftigen Fachkräftesicherung“ (Oeynhausen et al. 2023). Dabei spielt die Demografie eine eher untergeordnete Rolle, sondern es sollte nach Meinung von Expert/-innen der Fokus auf die Ressource derjenigen jungen Menschen gelegt werden, die bisher keinen Ausbildungsplatz finden (vgl. u.a. Dohmen et al. 2024).
Weil die Zielgruppe der dualen Ausbildung zunehmend heterogener wird (von Studienaussteiger/-innen bis zu Personen ohne Schulabschluss), müssen Betriebe eine noch höhere Flexibilität bei ihrer Auswahlpraxis und während der Ausbildung zeigen (Allianz für Aus- und Weiterbildung 2023-2026).Gut begleitete und reflektierte Schülerpraktika (nach den Standards des „Qualifizierten Praktikum Nürnberg – Mittelschule“) bieten Schüler/-innen und Betrieben eine gute Möglichkeit sich kennenzulernen und in der Praxis auszuprobieren.
Mit dem Gesamtsystem des Nürnberger Modells Übergang Schule-Beruf (www.uebergangsmanagement.nuernberg.de) verfügt die Stadt Nürnberg über eine gute Struktur in der Berufsorientierung für Mittelschüler/-innen, die allerdings immer wieder neu kalibriert und stabilisiert werden muss, um nachhaltig wirken zu können. Das von den Akteuren im Netzwerk gemeinsam getragene System für die strukturierte Berufsorientierung in den Nürnberger Mittelschulen könnte auch vorbildhaft für geforderte BO-Konzepte in Gymnasien (Allianz für Aus- und Weiterbildung 2023-2026) sein, um mehr Schüler/-innen mit höheren Schulabschlüssen für die duale Ausbildung zu gewinnen.
Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Berichte: Arbeitsmarkt kompakt – Situation am Ausbildungsmarkt, Nürnberg, Oktober 2023 (a).
Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Der Ausbildungsmarkt, Nürnberg, 2023 (b).
Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, Betriebe und sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort, 2024. Auswertung für die Stadt Nürnberg.
Oeynhausen S./Christ, A./Schuß, E./Milde,B./Granath, R.: Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2023, Bonn, Bundesinstitut für Berufsbildung (Hg.), 2023, S.28.
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