Digitale Grundbildung von Familien mit Zuwanderungsgeschichte

Digitale Grundbildung von Familien mit Zuwanderungsgeschichte

Der massive Digitalisierungsschub, den die Corona-Pandemie ausgelöst hat, hat deutlich gezeigt, dass Menschen aus strukturell benachteiligten Bevölkerungsgruppen auf dem Weg von der analogen zur digitalen (Lern-)Welt abgehängt werden. Zugewanderte und ihre Familie sind davon besonders  betroffen (vgl. Lochner/Jähnert 2020) – durch ihre Migrationsgeschichte einerseits, vor allem aber durch die soziale Herkunft (vgl. Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration 2016).

Durch Migration gehen wichtige strukturelle Ressourcen wie etwa soziale Netzwerke oder die Übertragbarkeit der eigenen Bildungserfahrung verloren. Die eigene Muttersprache ist nicht die Schul- und Bildungssprache der Kinder, wer Deutsch nicht ausreichend spricht, kann seinen Kindern nicht bei den Hausaufgaben helfen. Wenn Eltern zudem niedrig entlohnte Arbeit, beispielsweise wegen fehlendem Bildungsabschluss oder fehlender Anerkennung des Bildungsabschlusses, annehmen müssen, dann bleibt kein Geld für Lernmaterialien und einen eigenen Computer. Dabei zählen digitale Grundkompetenzen heute längst mit zu den entscheidenden Faktoren für erfolgreiche Bildungsprozesse und überhaupt für gesellschaftliche Teilhabe.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Maßnahmen der digitalen Grundbildung im Projekt „Digital Immigrants“

Das Projekt „Digital Immigrants – digitale Grundbildung für sozial benachteiligte Familien mit Migrationshintergrund“ greift diesen Bedarf auf mit dem Ziel, digitale Teilhabe nachhaltig zu fördern. Doch wie kann digitale Teilhabe auch für Familien in prekären ökonomischen Situationen ermöglicht werden? Und wie kann die Teilhabe nachhaltig gesichert werden? Als grundlegend für einen inklusiven und nachhaltigen Ansatz zur digitalen Teilhabe erweisen sich aus Sicht der Begleitforschung dabei insbesondere folgende konzeptionellen Bausteine des Projektes:

  • Zentrale Maßnahme des Projektes und wichtigstes Instrument der Teilhabe ist die Erarbeitung einer Online-Toolbox zur Schulung digitaler Kompetenz. Die Toolbox hält Materialien und Module für Lehr- und Lerneinheiten zu grundlegenden Themen digitaler Kompetenz in einfacher Sprache bereit und wird auch nach Projektende weiterhin kostenfrei online zur Verfügung stehen. Sie wurde auf Grundlage einer Analyse bereits angewandter Inhalte und Methoden der digitalen Grundbildung entwickelt und in gemeinsamen Workshops mit der Zielgruppe erprobt. Fachliche und sprachliche Hürden konnten dadurch weitestgehend reduziert werden.
  • Der Aufbau eines stadtweiten Peer-Learning-Netzwerks mit Digi-Coaches für Kinder, Jugendliche und erwachsene Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ermöglicht nicht nur unmittelbare Zielgruppenansprache und eine geschützte Lernatmosphäre, sondern auch eine von (Bildungs-)Institutionen unabhängige Weitergabe von Wissen.
  • Die Bereitstellung der notwendigen Soft- und Hardware für alle Teilnehmenden sowie die Überlassung der Endgeräte an die Digi-Coaches und -Mentor*innen zum weiteren Peer-to-Peer-Coaching auch nach Projektende.
  • Die digitale Bereitstellung der erarbeiteten Materialien in einer Online-Toolbox ermöglicht nicht nur eine fortlaufende Erweiterung und Anpassung des Materials in einem sich schnell verändernden Fachgebiet, sondern auch die Möglichkeit einer individualisierbaren Einteilung der aufbereiteten Lehreinheiten, unterstützt durch ein digitales Fachwörter-Glossar in Einfacher Sprache.
  • Der bundesweite Austausch und Transfer der Erkenntnisse und Produkte ist bereits ab dem zweiten Jahr der Projektlaufzeit geplant. Durch den Transfer und die Übernahme des Konzepts durch andere Kommunen profitieren Menschen bundesweit von den Ergebnissen und können unkompliziert und ortsunabhängig auf die Online-Toolbox zugreifen.

Das Projekt „Digital Immigrants“ wird gefördert vom Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (BMI) und hat eine dreijährige Laufzeit bis 09/2023. Es wird durchgeführt in Kooperation mit der Stiftung Sozialidee, dem Medienzentrum Parabol und dem Institut für E-Beratung der TH Nürnberg, das die wissenschaftliche Begleitforschung durchführt.


Dieser Beitrag wurde erstellt von Marion Bradl M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für E-Beratung an der Technischen Hochschule Georg Simon Ohm in Nürnberg. Marion Bradl ist unter anderem betraut mit der wissenschaftlichen Begleitforschung des Projektes Digital Immigrants.


Quellen:

Lochner, S., Jähnert, A. (Hrsg.). (2020): DJI-Kinder- und Jugendmigrationsreport 2020: Datenanalyse zur Situation junger Menschen in Deutschland. wbv Media GmbH & Co. KG, Bielefeld. https://doi.org/10.3278/6004754w

Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (2016): Doppelt benachteiligt? Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem. Eine Expertise im Auftrag der Stiftung Mercator. SVR GmbH, Berlin.

Titelbild: © Thomas Kießlich.

Bild: © Giorgos Agelakis.

Erste Befunde aus der Nürnberger Befragung zu Zugewanderten aus Rumänien

Erste Befunde aus der Nürnberger Befragung zu Zugewanderten aus Rumänien

Nürnberg ist eine wachsende und diverse Stadt, deren Stadtbevölkerung stark durch Zuwanderung geprägt ist. Gegenwärtig haben 47,7 % der Nürnberger Bevölkerung einen Migrationshintergrund (Stand: 30.6.2021). Damit die Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte bestmöglich gelingen kann, müssen verschiedene Gewerke sinnvoll ineinandergreifen. Hierbei spielt das Erlernen der deutschen Sprache eine herausgehobene Rolle.

Befragung zu (Weiter-)Bildungs- und Sprachbildungsbedarfen von Menschen mit rumänischer Zuwanderungsgeschichte

Im Rahmen des kommunalen Programms Deutschspracherwerb (KPDe) der Stadt Nürnberg wurde im Jahr 2021 die Bildungs- und Sprachbildungssituation von Menschen analysiert, die aus Rumänien zugewandert sind. Hierbei wurden die Bedarfe und Ressourcen dieser Herkunftsgruppe exemplarisch in den Blick genommen, gerade auch weil sie aufgrund ihrer quantitativen Größe eine besondere Bedeutung in Nürnberg hat. Zum 31.12.2020 lebten 14.623 Personen mit rumänischer Staatsangehörigkeit in der Stadt. Damit stellt die rumänische (hinter der türkischen) die zweitgrößte nichtdeutsche Staatsangehörigkeit in Nürnberg dar.

Von den 461 Personen, die von Januar bis März 2021 an der Online-Befragung des Bildungsbüros der Stadt Nürnberg teilnahmen, waren etwa zwei Drittel (67,3 %) aus Nürnberg und ungefähr zwei Drittel (67,6 %) waren weiblich. Etwa 90 % der Befragten waren zwischen 26 und 55 Jahre alt. Bezüglich der Sprachbildung ist gerade diese Gruppe im erwerbsfähigen Alter von besonderem Interesse.

Großteil der Befragten verfügt über ein (sehr) hohes Bildungsniveau

Für einen schnellen und guten Spracherwerb sind die individuellen Lernvoraussetzungen ausschlaggebend. Auffällig war das sehr hohe Bildungsniveau vieler Befragten. 40,8 % der Befragten hatten bereits vor der Einreise nach Deutschland in Rumänien einen Universitätsabschluss erworben. Weitere 38,9 % verfügten vor dem Zuzug über eine Fachhochschul- oder Hochschulreife und 13,7 % hatten in Rumänien eine Ausbildung absolviert.

Mehr als jeder zehnte Befragte (13,5%) gab an, außerhalb von Rumänien einen Bildungsabschluss gemacht zu haben. Der Großteil von ihnen hatte bereits in Rumänien einen Bildungsabschluss erworben und sich dann zusätzlich im Ausland weiterqualifiziert. Dabei handelte es sich vor allem um Personen, die vor der Zuwanderung hochqualifiziert (Gymnasium oder Hochschulabschluss) waren. Durch das insgesamt (sehr) hohe Bildungsniveau und die damit einhergehenden Erfahrungen mit formalem Lernen brachten die Befragten überwiegend sehr gute Ausgangsbedingungen mit.

Heterogener Sprachstand

Das schnelle Erlernen der deutschen Sprache ist für eine gelingende gesellschaftliche Integration essentiell. Mit dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) wurde ein Maßstab für den Spracherwerb geschaffen, auf den sich auch in der Befragung bezogen wird (Abbildung 1).

Abb. 1: Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen (GER)

Insgesamt stellte sich der Sprachstand bei den Befragten sehr heterogen dar. Über die Hälfte der Befragten (57,6 %) gaben an, die deutsche Sprache mindestens auf B1-Niveau zu beherrschen (B1 entspricht dem Lernziel der Integrationskurse des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge). Weitere 37,3 Prozent der Befragten schätzten ihre Sprachkenntnisse auf Niveau A ein. 21 Personen (5,1 Prozent) gaben an, bisher keine Sprachkenntnisse erworben zu haben (Abbildung 2). Hier handelt es sich vor allem um Personen, die seit weniger als fünf Jahren in Deutschland lebten. Damit hatten über 40 Prozent der Befragten ein (sehr) niedriges Sprachniveau, was eine große Hürde für eine gelingende Integration in Alltag, Beruf oder Bildungssystem darstellt.

Abbildung 2: Deutschkenntnisse

Quelle: Befragung von Zugewanderten aus Rumänien, Erhebung des Bildungsbüros der Stadt Nürnberg; n = 413.

Mit steigendem Bildungsabschluss nahm tendenziell auch das Deutschniveau zu. Allerdings hatte über die Hälfte der Personen mit einem in Rumänien erworbenen Universitätsabschluss Deutschkenntnisse nur auf B1-Niveau oder niedriger.

Kursbesuch führt zum Erfolg beim Deutschspracherwerb

Über die Hälfte der Befragten (51,5%) besuchten einen Deutschkurs in Deutschland. Über 60 % von ihnen hatten diesen selbst bezahlt, was auf eine hohe Motivation der Zugewanderten hinweist, die deutsche Sprache zu lernen. Daneben wurden kostenfreie Kurse zum Spracherwerb genutzt. Ein Kursbesuch führt nachweisbar zum Erfolg beim Deutschspracherwerb. Etwa ein Drittel (35,8 Prozent) derer, die keinen Kurs besucht hatten, gaben als Sprachniveau mindestens B1 an. Bei den Personen, die an einem Kurs teilgenommen hatten, lag der Anteil, die ihre Sprachkenntnisse auf das Niveau B1 oder höher einschätzten, deutlich höher (72,6 Prozent) (Abbildung 2).

Nahezu zwei Drittel (65,8 %) der Befragten, die an einem kostenlosen Kurs (z.B. Integrationskurs) teilgenommen hatten, schätzten ihre Sprachkenntnisse mindestens auf das Niveau B1 ein. Unter denjenigen, die als Selbstzahler/-innen einen Kurs besucht hatten, waren es sogar mehr als drei Viertel (76,0 %).

Abbildung 3: Kursbesuch (ja/nein) nach Sprachniveau

Quelle: Befragung von Zugewanderten aus Rumänien, Erhebung des Bildungsbüros der Stadt Nürnberg; n = 370.

43,2 % der Befragten gaben an, bisher keinen Deutschkurs besucht zu haben. Der überwiegende Großteil (87,9%) derjenigen, die keinen Sprachkurs besucht hatten, lebte bereits seit mehr als zwei Jahren in Deutschland. Es kann daher von einem deutlichen Sprachbildungs- und Beratungsbedarf ausgegangen werden.

Bald folgt an dieser Stelle ein weiterer Blogbeitrag zu Ergebnissen aus der Befragung. Der Fokus wird dabei zum einen auf Erwerbstätigkeit, beruflicher Integration und der Inanspruchnahme von Beratungsleistungen zu beruflicher (Weiter-)Bildung liegen und zum anderen auf möglichen Maßnahmen, um eine adäquate sprachliche und berufliche (Weiter-)Bildung von Zugewanderten zu unterstützen.


Quelle: Bildungsbüro der Stadt Nürnberg (2021), Pilotvorhaben Kommunales Programm Deutschspracherwerb, Befragung zur Sprach- und Weiterbildung von Bürgerinnen und Bürgern, die aus Rumänien zugewandert sind. Der Bericht kann hier abgerufen werden

Datenquelle Bevölkerungsstatistik: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth; Einwohnermelderegister.

Titelbild: © Rudi Ott (Bildausschnitt).

OECD-Bericht „Bildung auf einen Blick 2021“ mit Corona-Sonderbroschüre veröffentlicht

OECD-Bericht „Bildung auf einen Blick 2021“ mit Corona-Sonderbroschüre veröffentlicht

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die Kultusministerkonferenz (KMK) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) legten im September ihren aktuellen Bericht „Bildung auf einen Blick 2021“ vor. Darin werden jährlich die Bildungssysteme der 38 OECD- und weiterer Länder miteinander verglichen.

Im Bericht werden die bildungspolitischen Ziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen betrachtet, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung zu gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle zu fördern. Erfasst wird dabei der gesamte Bildungsverlauf von der Elementarbildung in Kindergarten und Vorschule bis zur Weiterbildung bei Erwachsenen. Nachdem ein Schwerpunkt im letztjährigen OECD-Bericht die berufliche Bildung war, liegt im diesjährigen Bericht ein besonderes Augenmerk auf dem Thema Chancengerechtigkeit und den Auswirkungen der Corona-Pandemie im Bildungsbereich.

COVID-19: Erfahrungen aus 2020 und 2021

Der aktuelle OECD-Bericht enthält eine Sonderbroschüre „The State of Global Education – 18 Months into the Pandemic“, die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Bildungsbereich thematisiert. Weiterhin werden Maßnahmen analysiert, die in den OECD-Ländern umgesetzt wurden, um Bildungskontinuität und gleichberechtigtes Lernen während der Schulschließungen zu gewährleisten.

  • In Deutschland waren die Kindertageseinrichtungen (ISCED 02: 3-Jährige bis Schuleintritt) zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 20. Mai 2021 im Durchschnitt 61 Tage vollständig geschlossen und damit über dem OECD-Durchschnitt von 55 Tagen. Zahlen zum Teilbetrieb an Kitas liegen nicht vor.
  • Seit März 2020 mussten 37 OECD-Staaten die Schulen für kurze oder längere Zeiträume komplett schließen. Dabei variierte die Anzahl der ausgefallenen Schultage erheblich. In  Deutschland waren die Grundschulen zwischen März 2020 und Mai 2021 an insgesamt 64 Tagen vollständig geschlossen, die weiterführenden Schulen im Sekundarbereich I an 85 Tagen und im allgemeinbildenden Sekundarbereich II an 83 Tagen – die Zahlen liegen im Durchschnittsbereich der OECD-Staaten (die Durchschnittswerte lagen bei 78, 92 bzw. 101 Tagen). Verglichen mit anderen Industrieländern fiel der Unterricht hierzulande seltener komplett aus. Homeschooling oder Wechselunterricht haben den Schulalltag in Deutschland von Januar 2020 bis Mai 2021 an weiteren 103 Tagen bestimmt, so der Bericht. Im gleichen Zeitraum lag der OECD-Durchschnitt bei 57 Tagen, der Regel-Schulbetrieb war somit länger beeinträchtigt als im Durchschnitt der OECD-Länder.
  • Insgesamt hatten am 1. Februar 2021 noch mehr als die Hälfte der dafür untersuchten 30 OECD-Staaten ihre Hochschulen komplett geschlossen, am 20. Mai 2021 (zu diesem Zeitpunkt endete die Analyse) galt dies nur noch in Deutschland und fünf weiteren OECD-Ländern. Allerdings gab es bei den Schließungen auch Ausnahmen. In Deutschland waren beispielsweise Laborübungen, Anfängerkurse oder auch Klausuren in Hybridformaten oder in Präsenz möglich, so die Autoren.
  • Aufgrund der Pandemie hat sich die wirtschaftliche Situation im Jahr 2020 in vielen Ländern, so auch in Deutschland, verschlechtert. Die Arbeitslosenquote bei jüngeren Erwachsenen (im Alter von 25 bis 34 Jahren) mit einem Bildungsstand unterhalb des Sekundarbereichs II betrug 2020 in Deutschland 12,1 % (2019: 11,9 %) und lag unter dem Durchschnitt des OECD-Raums (2020: 15,1%, 2019: 13,2%).
  • Trotz des Wirtschaftsrückgangs hat sich der Anteil der sog. NEETs („Not in Education, Employment or Training), also von Personen, die sich nicht in Ausbildung, Arbeit oder Weiterbildung befinden, im ersten Jahr der COVID-19-Pandemie in Deutschland nicht erheblich verändert, so die Autoren des Berichts. In Deutschland stieg der Anteil der NEETs in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen von 8,2 % im Jahr 2019 auf 9,4 % im Jahr 2020 und liegt unter dem OECD-Durchschnitt von 14,4 % (2019) bzw. 16,1 %. (2020).

Luft nach oben bei der Bildungsgerechtigkeit

Die Auswirkungen der Pandemie und der Schulschließungen auf die Bildungsgerechtigkeit seien Grund zur Sorge, so die OECD. So mahnt der Bericht weitere Anstrengungen zu mehr Chancengerechtigkeit in Deutschland an. Bildungserfolg hänge hierzulande immer noch stark von der Herkunft ab. Benachteiligte Schülerinnen und Schüler hatten am ehesten Schwierigkeiten mit Distanzunterricht und besitzen ein höheres Risiko, bei längeren Schulschließungen das Interesse an Bildung zu verlieren.

Um die Bildung von Kinder und Jugendlichen zu unterstützen, die während der Pandemie besonders gefährdet sein könnten, wurden verschiedene Programme von Bund und Ländern aufgelegt. Darunter fällt z.B. der „DigitalpaktSchule“ zum Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen, die Initiative „Schule macht stark“ zur Unterstützung von Schulen in sozial schwierigen Lagen oder das Programm „gemeinsam.Brücken.bauen“ in Bayern mit den Schwerpunkten Lernförderung und Sozialkompetenzförderung.


Quellen:

Bundesministerium für Bildung und Forschung, Kultusministerkonferenz (2021): Bildung auf einen Blick 2021 – Zentrale Ergebnisse im Überblick: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/bildungsforschung/internationale-vergleichsstudien/bildung-auf-einen-blick-oecd-bericht/bildung-auf-einen-blick-ein-bericht-der-oecd.html

OECD (2021), Bildung auf einen Blick 2021: https://www.oecd.org/publications/bildung-auf-einen-blick-19991509.htm

OECD (2021), “Deutschland”, in Education at a Glance 2021: OECD Indicators, OECD Publishing.

OECD (2021), The State of Global Education: 18 Months into the Pandemic: https://www.oecd-ilibrary.org/education/the-state-of-global-education_1a23bb23-en

Titelbild: © OECD 2021, Bildausschnitt.

Barcamp für Bildung auf 2022 verschoben

Barcamp für Bildung auf 2022 verschoben

Alle standen schon in den Startlöchern: rund 200 angemeldete Teilgeberinnen und Teilgeber, mehr als 25 Aktive, die vorab Sessions angemeldet hatten, der Oberbürgermeister Marcus König und die Vertreterinnen der Stadtpolitik. Sie alle wollten am 11.11. im „Barcamp für Bildung“, begleitet von Moderator Oliver König, über aktuelle Bildungsthemen diskutieren und Ideen austauschen. 

Die aktuelle pandemische Lage, die in der sog. „bayerischen Krankenhausampel“ deutlich wird, hat uns nun dazu gezwungen, den Barcamp-Startschuss aufzuschieben.
Das Barcamp soll zu einem Zeitpunkt stattfinden, an der der persönliche Austausch – mit oder ohne Maske – für alle mit sicherem Gefühl vorstellbar ist.

Die Videos zur Bildungspraxis können Sie hier aber auch jetzt schon sehen.

Wir freuen uns heute schon auf den neuen Termin, den wir baldmöglichst an Sie kommunizieren, und hoffen dann wieder auf viele tolle Ideen für Sessions!

Bis dahin bleiben wir gerne mit Ihnen im intensiven Austausch zu Themen und Formaten.

SCHLAUe Maßnahmen in Krisenzeiten – Begleitung von Schüler/-innen im Übergang

SCHLAUe Maßnahmen in Krisenzeiten – Begleitung von Schüler/-innen im Übergang

Das Jahr 2020 war geprägt von Einschränkungen und von der Notwendigkeit sich immer wieder auf neue Rahmenbedingungen einstellen zu müssen. Dies betraf v.a. auch den Bereich des Nürnberger Übergangsmanagements, in dem Angebote zur Unterstützung junger Menschen beim wichtigen Schritt von der Schule in eine berufliche Ausbildung zusammengefasst sind.

Mit den ersten Schulschließungen und der Einstellung fast aller Beratungsangebote im März 2021 fielen die bisherigen Kontaktmöglichkeiten und Zugänge abrupt weg. Betriebspraktika konnten kaum mehr stattfinden, Unterstützungsaktionen wie z.B. Berufsmessen fielen aus, der Bewerbungsprozess verzögerte sich in vielen Firmen. Diese Einschränkungen stellen auch SCHLAU Übergangsmanagement – als Abteilung angesiedelt im Amt für Berufliche Schulen der Stadt Nürnberg – vor große Herausforderungen.

Begleitung von Jugendlichen bei der beruflichen Orientierung

SCHLAU Mittelschule ist ein Angebot für Mittelschülerinnen und Mittelschüler in den Abgangsklassen. (Daneben gibt es auch SCHLAU-Angebote für Schüler/-innen der beruflichen Schulen, Angebote für junge Menschen mit Fluchthintergrund sowie ein Angebot zur vertieften Berufsorientierung an zwei Nürnberger Mittelschulen.) Im Mittelpunkt aller SCHLAU-Angebote steht die Begleitung der Jugendlichen im komplexen Prozess der Berufsorientierung und der Bewerbung. Feste Ansprechpartnerinnen stehen dabei den Schüler/-innen mit Rat und Tat zur Seite und gehen individuell und gezielt auf die Wünsche und Ziele der Schüler/-innen ein, die oft noch „keinen Plan“ hinsichtlich ihres konkreten Berufswegs haben.

Eingliederungsquoten zeigen den Erfolg der Begleitung

Die sog. Eingliederungsquoten, das ist der Anteil der betreuten Schüler/-innen, die im Anschluss an die Schule in eine duale oder vollschulische Ausbildung einmünden, zeigen den Erfolg der Begleitung, die auf vertrauensvolle, wertschätzende Unterstützung der jungen Menschen setzt. Auch im ersten „Corona-Schuljahr“ 20219/20 sind 35,3% der SCHLAU-Teilnehmenden in duale Ausbildungen und 12,5% in vollschulische Ausbildungsgänge eingemündet, was einen geringen Rückgang zum Vorjahr (39,1% duale, 15,4% vollschulische Ausbildung) darstellt (Quelle: SCHLAU Tätigkeitsbericht 2019/20). Während der Anteil der SCHLAU-Schüler/-innen, die die Abschlussklasse wiederholten, um 3,4 Prozentpunkte auf 8,8% stieg, sank der Anteil derjenigen, die im Anschluss eine weiterführende Schule besuchten von 25,8 auf 19,4%. 6,7% der Teilnehmer/-innen und damit 5,9 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr waren am Ende des Schuljahres noch „arbeits- bzw. ausbildungssuchend“. Noch deutlicher sprechen die Zahlen der Eingliederungsquote im Angebot „IBOS – Intensivierte Berufsorientierung an Schulen“, in dem die SCHLAU-Mitarbeiterinnen räumlich direkt an den Schulen angesiedelt sind und in enger Kooperation mit den Klassenleiter/-innen die BO-Aktivitäten in den Projektklassen steuern und anleiten: mit 47,7% mündete fast die Hälfte der Projektteilnehmer direkt in eine duale Berufsausbildung ein. Weitere 11,9% nahmen eine (berufs-)schulische Ausbildung auf (im Vergleich zu 2018 vor Corona: 47,2% dual, 22,2% vollschulische Berufsausbildung). 7,1% besuchten eine weiterführende Schule (22,2% in 2018) und 11,9% wiederholten die 9. Jahrgangsstufe (8,4% in 2018).

Flexible Lösungen in besonderen Beratungssituationen

Mit den Einschränkungen der Pandemie wurden in allen Beratungsangeboten wichtige Entwicklungsaufgaben für die Schülerinnen und  Schüler ganz besonders deutlich:

  • Digitale Grundbildung: digitale Kommunikation, Erstellung von Bewerbungsunterlagen; erschwert durch die oft unzureichende Ausstattung mit Endgeräten bzw. Netzanbindung
  • (Weiter-) Entwicklung von Fähigkeiten  wie „Durchhaltevermögen“ / „Geduld“ und „Selbstmotivation“  

„Für unsere Schüler/-innen war es im vergangenen Jahr besonders schwer, sich neben all den großen Herausforderungen durch den Lockdown und die damit verbundenen Schulschließungen auch noch auf ihre individuelle Berufswegeplanung einzulassen. Ein hohes Maß aus Unsicherheiten sowohl seitens der Schüler/-innen und ihren Familien als auch betrieblicherseits verzögerten oder verhinderten vermehrt den gelingenden Übergang ins Ausbildungssystem.“

Ulrike Luber, SCHLAU/IBOS

Nicht nur die Schüler/-innen, auch die Berater/-innen brauchten Geduld und Flexibilität, um neue Formen der Beratung zu entwickeln und mit den Jugendlichen auszuprobieren.

Besonders wichtig war hierbei

  • den durchgängigen persönliche Kontakt nicht zu verlieren – weder zu den Schülern, noch zu den Schulen, zu den Familien und auch zu den Betrieben und Unternehmen
  • die jungen Menschen dort anzutreffen und abzuholen, wo sie gerade aktiv eingebunden sind: „Der Lebensraum Schule arbeitet mit MS Teams – SCHLAU dann eben auch!“
  • die Angebote spontan und flexibel den aktuellen Auflagen und wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen: „reale Betriebserkundungen gehen nicht? Na, dann eben virtuell!“ oder auch „Wir dürfen nicht ins Büro? Na, dann beraten wir eben virtuell vom Sofa aus!“

Die Mitarbeiter/-innen wollen sich dies auch erhalten:

  • Weiterhin die Möglichkeit des „hybriden“ Beratens anzubieten (Wahlmöglichkeiten zwischen persönlicher und virtueller Beratung)
  • Virtuelle Kontaktaufnahme und Austausch zwischen Schülern und Arbeitswelt bleibt auch weiterhin eine sinnvolle, ergänzende Alternative;
  • BO-Angebote externer Kooperationspartner werden nach Absprache auch weiterhin virtuell genutzt


Titelbild: © Bildungsbüro/Stadt Nürnberg.