Nürnberg ist eine wachsende und diverse Stadt, deren Stadtbevölkerung stark durch Zuwanderung geprägt ist. Gegenwärtig haben 47,7 % der Nürnberger Bevölkerung einen Migrationshintergrund (Stand: 30.6.2021). Damit die Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte bestmöglich gelingen kann, müssen verschiedene Gewerke sinnvoll ineinandergreifen. Hierbei spielt das Erlernen der deutschen Sprache eine herausgehobene Rolle.
Befragung zu (Weiter-)Bildungs- und Sprachbildungsbedarfen von Menschen mit rumänischer Zuwanderungsgeschichte
Im Rahmen des kommunalen Programms Deutschspracherwerb (KPDe) der Stadt Nürnberg wurde im Jahr 2021 die Bildungs- und Sprachbildungssituation von Menschen analysiert, die aus Rumänien zugewandert sind. Hierbei wurden die Bedarfe und Ressourcen dieser Herkunftsgruppe exemplarisch in den Blick genommen, gerade auch weil sie aufgrund ihrer quantitativen Größe eine besondere Bedeutung in Nürnberg hat. Zum 31.12.2020 lebten 14.623 Personen mit rumänischer Staatsangehörigkeit in der Stadt. Damit stellt die rumänische (hinter der türkischen) die zweitgrößte nichtdeutsche Staatsangehörigkeit in Nürnberg dar.
Von den 461 Personen, die von Januar bis März 2021 an der Online-Befragung des Bildungsbüros der Stadt Nürnberg teilnahmen, waren etwa zwei Drittel (67,3 %) aus Nürnberg und ungefähr zwei Drittel (67,6 %) waren weiblich. Etwa 90 % der Befragten waren zwischen 26 und 55 Jahre alt. Bezüglich der Sprachbildung ist gerade diese Gruppe im erwerbsfähigen Alter von besonderem Interesse.
Großteil der Befragten verfügt über ein (sehr) hohes Bildungsniveau
Für einen schnellen und guten Spracherwerb sind die individuellen Lernvoraussetzungen ausschlaggebend. Auffällig war das sehr hohe Bildungsniveau vieler Befragten. 40,8 % der Befragten hatten bereits vor der Einreise nach Deutschland in Rumänien einen Universitätsabschluss erworben. Weitere 38,9 % verfügten vor dem Zuzug über eine Fachhochschul- oder Hochschulreife und 13,7 % hatten in Rumänien eine Ausbildung absolviert.
Mehr als jeder zehnte Befragte (13,5%) gab an, außerhalb von Rumänien einen Bildungsabschluss gemacht zu haben. Der Großteil von ihnen hatte bereits in Rumänien einen Bildungsabschluss erworben und sich dann zusätzlich im Ausland weiterqualifiziert. Dabei handelte es sich vor allem um Personen, die vor der Zuwanderung hochqualifiziert (Gymnasium oder Hochschulabschluss) waren. Durch das insgesamt (sehr) hohe Bildungsniveau und die damit einhergehenden Erfahrungen mit formalem Lernen brachten die Befragten überwiegend sehr gute Ausgangsbedingungen mit.
Heterogener Sprachstand
Das schnelle Erlernen der deutschen Sprache ist für eine gelingende gesellschaftliche Integration essentiell. Mit dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) wurde ein Maßstab für den Spracherwerb geschaffen, auf den sich auch in der Befragung bezogen wird (Abbildung 1).
Abb. 1: Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen (GER)
Insgesamt stellte sich der Sprachstand bei den Befragten sehr heterogen dar. Über die Hälfte der Befragten (57,6 %) gaben an, die deutsche Sprache mindestens auf B1-Niveau zu beherrschen (B1 entspricht dem Lernziel der Integrationskurse des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge). Weitere 37,3 Prozent der Befragten schätzten ihre Sprachkenntnisse auf Niveau A ein. 21 Personen (5,1 Prozent) gaben an, bisher keine Sprachkenntnisse erworben zu haben (Abbildung 2). Hier handelt es sich vor allem um Personen, die seit weniger als fünf Jahren in Deutschland lebten. Damit hatten über 40 Prozent der Befragten ein (sehr) niedriges Sprachniveau, was eine große Hürde für eine gelingende Integration in Alltag, Beruf oder Bildungssystem darstellt.
Abbildung 2: Deutschkenntnisse
Mit steigendem Bildungsabschluss nahm tendenziell auch das Deutschniveau zu. Allerdings hatte über die Hälfte der Personen mit einem in Rumänien erworbenen Universitätsabschluss Deutschkenntnisse nur auf B1-Niveau oder niedriger.
Kursbesuch führt zum Erfolg beim Deutschspracherwerb
Über die Hälfte der Befragten (51,5%) besuchten einen Deutschkurs in Deutschland. Über 60 % von ihnen hatten diesen selbst bezahlt, was auf eine hohe Motivation der Zugewanderten hinweist, die deutsche Sprache zu lernen. Daneben wurden kostenfreie Kurse zum Spracherwerb genutzt. Ein Kursbesuch führt nachweisbar zum Erfolg beim Deutschspracherwerb. Etwa ein Drittel (35,8 Prozent) derer, die keinen Kurs besucht hatten, gaben als Sprachniveau mindestens B1 an. Bei den Personen, die an einem Kurs teilgenommen hatten, lag der Anteil, die ihre Sprachkenntnisse auf das Niveau B1 oder höher einschätzten, deutlich höher (72,6 Prozent) (Abbildung 2).
Nahezu zwei Drittel (65,8 %) der Befragten, die an einem kostenlosen Kurs (z.B. Integrationskurs) teilgenommen hatten, schätzten ihre Sprachkenntnisse mindestens auf das Niveau B1 ein. Unter denjenigen, die als Selbstzahler/-innen einen Kurs besucht hatten, waren es sogar mehr als drei Viertel (76,0 %).
Abbildung 3: Kursbesuch (ja/nein) nach Sprachniveau
43,2 % der Befragten gaben an, bisher keinen Deutschkurs besucht zu haben. Der überwiegende Großteil (87,9%) derjenigen, die keinen Sprachkurs besucht hatten, lebte bereits seit mehr als zwei Jahren in Deutschland. Es kann daher von einem deutlichen Sprachbildungs- und Beratungsbedarf ausgegangen werden.
Bald folgt an dieser Stelle ein weiterer Blogbeitrag zu Ergebnissen aus der Befragung. Der Fokus wird dabei zum einen auf Erwerbstätigkeit, beruflicher Integration und der Inanspruchnahme von Beratungsleistungen zu beruflicher (Weiter-)Bildung liegen und zum anderen auf möglichen Maßnahmen, um eine adäquate sprachliche und berufliche (Weiter-)Bildung von Zugewanderten zu unterstützen.
Quelle: Bildungsbüro der Stadt Nürnberg (2021), Pilotvorhaben Kommunales Programm Deutschspracherwerb, Befragung zur Sprach- und Weiterbildung von Bürgerinnen und Bürgern, die aus Rumänien zugewandert sind. Der Bericht kann hier abgerufen werden
Datenquelle Bevölkerungsstatistik: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth; Einwohnermelderegister.
Titelbild: © Rudi Ott (Bildausschnitt).
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