Bildungsbüro Nürnberg – Bildungsblog

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Projekt “MUBIKIN” zum 2. Mal wissenschaftlich evaluiert

Projekt “MUBIKIN” zum 2. Mal wissenschaftlich evaluiert

Das 2011 gestartete Projekt „Musikalische Bildung für Kinder und Jugendliche in Nürnberg“ (MUBIKIN) wurde dieses Jahr um weitere sechs Jahre bis zum Ende des Schuljahres 2025/26 verlängert. Das von der Stadt Nürnberg, der Stiftung Persönlichkeit, der Bouhon Stiftung und der Hochschule für Musik getragene Programm wurde zuvor durch einen Stadtratsbeschluss finanziell abgesichert (Erhöhung des städtischen Beitrags um 100.000 Euro auf jährlich 440.000 Euro, die Stiftung Persönlichkeit steuert jährlich 120.000 Euro bei). Auch die Hochschule für Musik investiert in das Vorhaben und führt regelmäßig Qualifizierungen für beteiligte Erzieher-/innen und Lehrkräfte durch.

MUBIKIN nutzt musikalische Bildung als Brücke beim Übergang der Kinder von der Kindertagesstätte in die Grundschule und verbindet diesen Ansatz gleichzeitig mit einer sozialräumlichen Förderung, indem das Programm überwiegend in Schulsprengeln mit vergleichsweise schwierigen Lebenslagen stattfindet. Merkmal ist hier eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Bedarfsgemeinschaften nach SGB II (vgl. Karte). Im Schuljahr 2019/20 waren zuletzt rund 3.800 Kinder in acht Grundschulen, einer Förderschule und 40 Kindergärten in Nürnberg aktiv beteiligt.

MUBIKIN-Standorte und Anteile der Bedarfsgemeinschaften mit Kindern von sechs bis unter zehn Jahren an der altersentsprechenden Bevölkerung

Quelle: Amt für Stadtforschung und Statistik für Nürnberg und Fürth; Bundesagentur für Arbeit und Einwohnermelderegister; Stadt Nürnberg, Regiestelle MUBIKIN.

Eine wissenschaftliche Evaluation von MUBIKIN, die der Bremer Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Lehmann-Wermser im Auftrag der Stadt Nürnberg – nach einer ersten Studie im Jahr 2014 – vergangenes Jahr durchführte, bestätigte einerseits den Erfolg der bisherigen Arbeit. So konnte ein hohes musikpädagogisches Niveau bei den multiprofessionellen Tandems sowie ein hohes Niveau musikpraktischer Kompetenz bei den teilnehmenden Kindern festgestellt werden. Dies sei ein Hinweis für den Erfolg der Professionalisierung des Musikunterrichts durch die Teilnahme an MUBIKIN, so Lehmann-Wermser. Andererseits formulierte er konkrete Handlungsempfehlungen für MUBIKIN, deren Umsetzung in der neuen Phase des Programms ab diesem Schuljahr ansteht.

Die Qualität des Unterrichts in multiprofessionellen Tandems von Musikpädagogen/-innen und Erzieher/-innen in Kindertagesstäten und von Musik- und Grundschullehrkräften in Schulen hat sich seit 2014 gebessert und sollte laut Evaluation weiterhin im Fokus bleiben. Bei der Zusammenarbeit von Kindertagesstätten mit der jeweiligen Grundschule im Sprengel sieht die Studie noch Verbesserungsbedarf. Einen positiven Ansatz stellen hier die Sprengelkoordinatoren/-innen dar, die im MUBIKIN-Programm eigens vorgesehen sind. Positiv beurteilt wurden die Arbeitsbedingungen der Akteure und die sozialräumliche Perspektive von MUBIKIN, indem das Programm in Schulsprengeln stattfindet, die nach dem Sozialindex als benachteiligt gelten. Durch die Kostenfreiheit und den systematischen Ansatz der Beteiligung ausnahmslos aller Kinder im Sprengel leistet MUBIKIN einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit in Nürnberg.

Das Forscherteam um Prof. Lehmann-Wermser erarbeitete die Evaluation auf Basis einer quantitativen Befragung aller beteiligter Lehrkräfte, ergänzt durch eine qualitative Erhebung (Gespräche, Besuche) an allen MUBIKIN-Schulen und -Kitas.

Ungeachtet der positiven Einschätzung von MUBIKIN war das Programm im letzten Schuljahr stark von den Corona-bedingten Schulschließungen betroffen und wird im laufenden Schuljahr 2020/21 im „Regelbetrieb“ von Kindertagesstätten und Schulen weiter fortgesetzt. In den Grundschulen ergibt sich in der neuen Phase des Programms (auch auf Vorschlag von Prof. Lehmann-Wermser) die Änderung, dass die Kinder im ersten und zweiten Jahr künftig zwar nur alle zwei Wochen MUBIKIN-Musikunterricht bekommen, dieser dafür auf die gesamte Grundschulzeit bis zum Ende der vierten Klasse ausgedehnt wird.

Titelfoto: © MUBIKIN, Bildausschnitt.

Bildung als Schlüssel für einen selbstbestimmten Lebensweg

Bildung als Schlüssel für einen selbstbestimmten Lebensweg

Tuğçe Kadan (29) ist Mitglied im Vorstand des Global Elternvereins und Lehrerin für die Fächer Englisch und Geschichte an einer städtischen Realschule. Wir haben mit ihr über die Arbeit des Global Elternvereins und die Erfahrungen in den vergangenen Monaten gesprochen, in denen unter anderem ein Corona-Crash-Kurs für Schulkinder angeboten wurde.

Frau Kadan, wer und was verbirgt sich hinter dem Verein „Global Elternverein“?

Der Verein wurde 2004 ursprünglich als eine Elterninitiative gegründet – in erster Linie um qualitativ hochwertige, aber günstige Nachhilfe für sozial benachteiligte Kinder anzubieten. Diese Leitidee wird nun auch vom neuen – seit 2017 aktiven – Vorstand fortgeführt. Inzwischen haben wir neben bezahlbarer (bzw. mit BuT-Gutscheinen kostenloser) Nachhilfe auch weitere kostenfreie Angebote im Programm.

Welche Zielsetzung verfolgen Sie bei Ihrer Arbeit und welche Angebote gibt es hierfür?

Unser größtes Ziel ist es, den Kindern zu verdeutlichen, dass jedes von ihnen seine Träume verwirklichen kann und dass Bildung der Schlüssel hierfür ist.

Regel Nr. 1: Die Kinder müssen daran glauben. Dafür sind wir aber gut gerüstet! Wir alle im Team waren oder sind Studierende über den zweiten Bildungsweg. Die Kinder können sich mit uns identifizieren, weil wir es im Leben auch nicht leicht hatten und für den Status, den wir jetzt haben, hart kämpfen mussten.

Eddie Kayiira, unser Vorstandsvorsitzender, kam als Flüchtlingskind nach Deutschland – jetzt leitet er internationale Projekte, um Kindern in armen Verhältnissen eine Perspektive zu geben.

Unsere Angebote umfassen auch Sprachkurse für Erwachsene, zu unseren vielen erfolgreichen Projekten zählen Ferienworkshops sowie das Antiradikalisierungsprojekt. Hier vermitteln wir sowohl demokratische Werte und ein Toleranzbewusstsein für verschiedene Meinungen als auch die Bedeutung des Ehrenamtes durch den Einsatz von TutorInnen. Der Projektleiter Mehmet Yilmaz hat selbst von diesem Ansatz profitiert. Er kam als Mittelschüler zu uns, arbeitete sich „hoch“, fing das Studieren an, wurde Nachhilfelehrer und schließlich Projektleiter, um wiederum Kindern in ähnlicher Situation, in der er früher war, zu helfen.

Ich selbst kam erst mit 10 Jahren nach Deutschland. Als Hauptschülerin habe ich mich immer geweigert, eine Ausbildungsstelle zu suchen, weil ich studieren wollte. Meine Lehrkräfte haben nicht wirklich daran geglaubt. Ich war hartnäckig, vor allem um ihnen das Gegenteil zu beweisen! Nun bin ich Lehrerin und sage meinen Schülerinnen und Schülern immer, dass sie alles schaffen können, wenn sie es wirklich wollen und dass ich sie stets dabei unterstützen werde.

Der „Corona-Crash-Kurs“ als spezielles Programm für die Sommerferien, um Lernrückstände aufzuholen – wie wurde es aufgesetzt und angenommen?

In den Sommerferien haben wir Schulkindern einen kostenlosen Corona-Crashkurs angeboten. Hierfür haben wir ein Rundschreiben an alle Nürnberger Schulen (mit Ausnahme der Grundschulen) geschickt. Unsere vorrangige Absicht war es, ihnen ihre Ängste vor dem kommenden Schuljahr zu nehmen und mit ihnen den bis dahin erarbeiteten und den aufgrund des Lockdowns fehlenden Schulstoff zu üben. Zu unserer Überraschung haben wir auf Anhieb über 40 Anmeldungen erhalten. Die Kinder und Eltern waren aufgrund ihrer Unsicherheit, was auf sie zukommt, sehr dankbar für das Angebot.

Wie liefen diese Kurse und wie geht´s nun weiter?

Als nächstes werden wir das Projekt „Schule 2.0 umsetzen, um die Kinder auch im laufenden Schuljahr weiter zu unterstützen. Anlass hierfür war, dass wir im Kurs festgestellt haben, dass einige Themen aufgrund des fehlenden Präsenzunterrichts bei vielen Kindern noch „nicht saßen“. Durch viel Übung haben wir versucht, diese Lücken ansatzweise zu schließen. Die Ergebnisse der durchgeführten Tests haben gezeigt, dass sich die Kinder im Allgemeinen verbessert haben. Sie haben auch einen Feedbackbogen von uns mitbekommen, der noch einmal aufzeigt, welche Themenbereiche geübt wurden, welche Noten sie im gesamten Kurs bekommen haben, wo noch Übungsbedarf vorliegt, etc.

Welche positiven Erfahrungen wurden in der Corona-Zeit gemacht und wo liegen die Probleme?

Unsere erste Maßnahme war die Skype-Nachhilfe, die wir sehr flexibel gleich am ersten Lockdown-Tag umsetzen konnten. Insgesamt kam sie sehr gut bei unseren TeilnehmerInnen und deren Eltern an. Sie waren dankbar, dass ihnen jemand bei den Wochenplänen helfend zur Seite stand. Auch da haben wir festgestellt, dass viele aus finanziellen Gründen nicht die Möglichkeit hatten, die Wochenpläne auszudrucken oder am PC zu erarbeiten. Die Schulen boten zwar an, an Bedürftige Laptops auszuleihen, doch in Brennpunktvierteln gibt es leider mehr Bedarf an Laptops als die Schulen zur Verfügung stellen können.

Ihre Wünsche an Politik und Verwaltung?

Wir sind uns bewusst, dass die städtische Verwaltung sowie alle PolitikerInnen ihr Bestes tun, um den Kindern entgegenzukommen. Hier wünschen wir uns (auch weiterhin) organisatorische und finanzielle Unterstützung und vor allem die Offenheit von anderen Bildungseinrichtungen für Kooperationen, um alle Kinder, die unsere Hilfe brauchen, zu erreichen.


Weitere Informationen zum Global Elternverein finden Sie unter www.global-elternverein.de

Titelfoto: © Tuğçe Kadan.

Schule und Digitalisierung

Schule und Digitalisierung

Ohne Zweifel hat die Digitalisierung der Schulbildung infolge der Corona-bedingten Schulschließungen in Bayern ab dem 16. März 2020 an besonderer Bedeutung gewonnen und auch einen Schub erfahren. Dass der digitale Unterricht für alle Beteiligten eine Herausforderung darstellt, ist unbestritten. Der aktuellste Nationale Bildungsbericht beschreibt die Komplexität, die die Digitalisierung des Unterrichts mit sich bringt. Der Einsatz digitaler Medien sei bisher, so der Bericht, eher als Hilfsmittel zur Vermittlung von Informationen und weniger zur Unterrichtung und zum Austausch von Lerninhalten genutzt worden. Auch sei eine ausreichende technische Infrastruktur zwar eine zentrale Voraussetzung für die Verwendung digitaler Medien, der Zugang zu diesen sei jedoch auch von Merkmalen, wie der sozialen Herkunft, abhängig. Weiter hänge der Erfolg des Einsatzes vor allem von einem didaktisch sinnvollen und kritisch reflektierten Einsatz digitaler Technologien ab. Digitalisierungsbezogene Inhalte spielten in der Aus- und Fortbildung des pädagogischen Personals aber bislang eher eine untergeordnete Rolle, so der Nationale Bildungsbericht. Erschienen ist der Bericht im Juni dieses Jahres und bezieht sich in seiner Datenbasis auf die „Vor-Corona-Zeit“.

In Zeiten von (partiellen) Schulschließungen stellen die digitalen Technologien eine der wenigen Möglichkeiten dar, um Kontakt von Lehrkräften und Schülerinnen und Schüler herzustellen und Unterricht stattfinden zu lassen. Zielten bisherige Medienkonzepte und -strategien eher auf die Ausstattung der Schulen mit technischen Geräten für den unterrichtsbegleitenden Betrieb vor Ort ab, ging es plötzlich um die Nutzung digitaler Technik, um Distanz zu überwinden. Entsprechende Hardware und Software für Schülerinnen und Schüler für den Gebrauch zuhause gerieten in den Fokus, ebenso die Nutzungsmöglichkeiten von WLAN und Druckern.

Laut der Darstellung im Nationalen Bildungsbericht zur Verfügbarkeit technischer Geräte bei den Jugendlichen in Deutschland, sind für den Fernunterricht geeignete Gerätschaften, wie PC oder Tablet, nicht für alle verfügbar. Unterschiede zeigen sich nach Geschlecht, Alter und besuchter Schulart. Demnach verfügen Mädchen, Jüngere und Schülerinnen und Schüler von Mittel- und Realschulen im geringeren Maße über PCs.

Verfügbarkeit von Informations- und Kommunikationstechnik 12- bis 19-jähriger Jugendlicher 2018 nach Geschlecht und Altersgruppen (in %)

1) Angaben der Hauperzieherinnen und Haupterzieher.
Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.) (2020). Bildung in Deutschland 2020. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt. Bielefeld: W. Bertelsmann; Sachdaten: mpfs, JIM-Studie; eigene Darstellung, Auszug der Originaltabelle.

Auch die technische Ausstattung der Lehrkräfte musste berücksichtigt werden und deren Qualifizierung im Umgang mit Lern-Management-Programmen.

Durch das Team Digitale Schule reagierte die Stadt Nürnberg auf die Situation. Während der letzten Monate schulte das städtische Institut für Pädagogik und Schulpsychologie Nürnberg (IPSN) insgesamt über 2000 Lehrkräfte. Hier ging es vor allem um den technischen Umgang mit der Software Microsoft Teams, die allen Schulen als digitales Kommunikationsinstrument zur Verfügung gestellt wurde. Um den Zugang für alle Kinder und Jugendlichen zur schulischen Bildung zu ermöglichen, wurden durch die Stadt Nürnberg zudem bislang etwa 300 mobile Leihgeräte zur Verfügung gestellt. Bis Ende des Jahres werden in Nürnberg aus den Sondermitteln des Bundes über die Bayerische Staatsregierung insgesamt 6000 Tablets beschafft. Momentan laufen Bedarfsabfragungen über die Schulen. In den Schulen, die sich bis zum 30. Juni an der Abfrage beteiligt hatten, benötigen etwa 16 % der Schülerschaft ein Leihgerät. Zwischen den Schularten zeichnen sich Unterschiede ab: In den Gymnasien ist demnach der Bedarf niedriger, in den Mittelschulen, wo bis zu einem Drittel der Schülerinnen und Schüler ein digitales Endgerät benötigen, höher.

Für das anstehende Schuljahr ist der Regelbetrieb, also Präsenzunterricht für alle Schülerinnen und Schüler unter Einhaltung von Hygienevorschriften vorgesehen. Abhängig vom örtlichen Infektionsgeschehen zieht das Kultusministerium auch andere Szenarien in Erwägung. Darunter fallen partielle Schulschließungen bei denen Präsenz- und Distanzunterricht Hand in Hand gingen. Hier wäre die digitale Ausstattung von besonderer Bedeutung, damit Lehrkräfte technisch ausgestattet, aber auch didaktisch-pädagogisch geschult in direkten Austausch mit den Schülerinnen und Schülern treten können. Unabhängig von engagierten Lehrkräften, der Schulart oder Schule sollen Schülerinnen und Schüler gleich welcher sozialen Herkunft und – vor allem im Fall von Geflüchteten – der Wohn- und Ausstattungssituation, ihr Recht auf Bildung wahrnehmen können.

Titelfoto: © Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V. | Ort: zdi-Schülerlabor coolMINT.paderborn; Bildausschnitt.