Abwarten ist die falsche Devise!

Abwarten ist die falsche Devise!

Lage am Ausbildungsmarkt wird schwieriger 

Meldungen zum Ausbildungsmarkt waren in den letzten Jahren von einer positiven Grundstimmung geprägt: auch wenn der Übergang in die Ausbildung für manche Zielgruppen immer noch schwierig war, bestand ein großer Überhang an offenen Ausbildungsstellen und insbesondere das Handwerk suchte oft „händeringend“ nach Auszubildenden. 

Nicht überraschend wirkt sich auch hier die Corona-Krise negativ aus: aktuelle Daten zum Arbeitsmarkt zeigen einen deutlichen Einbruch auf allen Ebenen, der die bereits vorhandenen konjunkturellen Eintrübungen verstärkt.

In der Stadt Nürnberg wurden im Vergleich zum Vorjahr von Januar bis Mai 2020 769 Ausbildungsstellen weniger bei der Arbeitsagentur gemeldet (das sind -18,0 %). Die Anzahl der ausbildungssuchend gemeldeten Bewerber/-innen ist dagegen um 76 (+2,7 %) gestiegen.
Zum Mai galten 212 Bewerber/-innen, als „unversorgt“, damit stieg der Anteil der „unversorgten Bewerber“ an allen Bewerber/-innen im Vergleich zum Mai 2019 von 52,3 % auf 58,3 %, der Anteil der Bewerber/-innen, die direkt in eine Ausbildung eingemündet sind, sank auf 16,5 %.

Bezieht man die Gesamtzahl der gemeldeten Berufsausbildungsstellen auf die Gesamtzahl der gemeldeten Bewerber/-innen, stehen pro Bewerber/in rechnerisch 1,3 Ausbildungsstellen zur Verfügung. Im Vorjahr 2019 lag dieser Indikator noch bei 1,6. Gleichzeitig sank die Quote der „unbesetzten Berufsausbildungsstellen je unversorgtem Bewerber“ von 1,5 auf 1,1.

Entwicklung der gemeldeten Bewerber/-innen und gemeldeten Ausbildungsstellen, 2018/19 und 2019/20 (jeweils Oktober bis Mai)

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit.

Trotzdem spricht die Arbeitsagentur Nürnberg im Gesamtblick noch von einer „komfortablen Situation für Bewerberinnen und Bewerber in den meisten Branchen“ (Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Nürnberg, Renate Häublein in NN).   Auch die Kammern in Mittelfranken schauen noch weitgehend optimistisch auf das kommende Ausbildungsjahr. Sie rekurrieren auf den weiter vorhandenen Fachkräftemangel in zahlreichen Branchen und erwarten, dass der Abschluss zahlreicher Ausbildungsverträgen zeitlich nach hinten verschoben werden wird. (Stefan Kastner für die IHK Mittelfranken in NN vom 26.06.20).,
In der Differenzierung nach Branchen wird dabei deutlich, dass von der aktuellen Krise gerade Betriebe betroffen sind, die Ausbildungsplätze für Mittelschülerinnen und Mittelschüler anbieten wie z.B. in der Hotel- und Gastronomiebranche oder im Handwerk. So gaben in der April-Umfrage des Zentralverbands des deutschen Handwerks 25 Prozent der befragten Betriebe an, dass sie im Herbst weniger Ausbildungsplätze anbieten wollen.

Fallen diese weg, haben diese Jugendlichen deutlich weniger Optionen für alternative Bildungswege als junge Menschen mit höheren Abschlüssen.  

 Zusammenfassend beschreibt das Bundesinstitut für Berufsbildung die aktuelle Situation mit den Begriffen „Zurückhaltung“ (der Betriebe) und „Abwarten“ (der Bewerber). 

Übergang im nächsten Jahr gefährdet? 

In der Folge der Schulschließungen sind zahlreiche Beratungs- und Unterstützungsangebote zur Berufsorientierung weggefallen. Während das städtische Übergangsmanagement SCHLAU die angemeldeten Schülerinnen und Schüler alternativ (in erster Linie telefonisch) weiter betreuen konnte, mussten die schulischen Förderangebote von Quapo deutlich eingeschränkt werden. Auch die Unterstützungsleistung des Projekts“ Perspektiven im Quartier“ musste in alternativer Form und dadurch mit deutlich höheren Zugangsschwierigkeiten umgesetzt werden. Ähnlich erschwert gestaltete sich die Beratungsarbeit der Berufseinstiegsbegleiter/-innen sowie der Fachkräfte der Jugendsozialarbeit an Schulen. 

Noch viel einschneidender waren die Maßnahmen im Bereich der schulischen Angebote, so konnten seit Schulschließung keinerlei Berufsorientierungsmodule externer Träger durchgeführt werden. Die Angebote Potentialanalyse sowie die Werkstatt-Tage für die siebten und achten Jahrgangsstufen mussten, genauso wie die Sprechstunden der Berufsberatung der Agentur für Arbeit, komplett eingestellt werden. Und obwohl viele Betriebe weiterhin Praktikant/-innen aufnehmen wollen, wurden im Regierungsbezirk Mittelfranken auch alle Schüler-Pflichtpraktika grundsätzlich abgesagt. 

Damit bleibt ein Großteil der Mittelschülerinnen und -schüler der derzeit siebten und achten Jahrgangsstufen noch ohne konkrete berufsorientierende Erfahrung. Sogar wenn im nächsten Schuljahr eine durchgängige Präsenz in den Schulen wieder möglich sein sollte, werden diese Angebote nur zu einem geringen Teil nachgeholt werden können. So wird z.B. im Rahmen des BO-Programms angestrebt, die Werkstatt-Tage für die wenigen Schülerinnen und Schüler nachzuholen, die in diesem Schuljahr noch eine Potentialanalyse absolvieren konnten. Die überwiegende Mehrheit der Schülerschaft wird dann allerdings noch keinerlei Möglichkeit gehabt haben, Berufe genauer zu erkunden und sich praktisch in einem Berufsfeld auszuprobieren. 

Die Erfahrung zeigt, dass dies gerade für diejenigen jungen Menschen, die nur schwer eigene Ressourcen aktivieren können und auf Motivation und Anleitung von Fachkräften angewiesen sind, eine deutliche Erschwernis für den Übergang in eine Ausbildung darstellt. Damit würde sich die Tatsache, dass die Auswirkungen der Corona-Krise vorhandene Bildungsungleichheiten systematisch verstärken noch ausweiten. 

Was ist jetzt zu tun, um allen jungen Menschen weiterhin die Chance zu geben, nach einer Orientierungsphase eine abgewogene Berufswahlentscheidung zu treffen, die nicht vorschnell auf der Wahrnehmung eines als vermeintlich krisenhaften Ausbildungsmarkts basiert, sondern sich vor allem von der Kenntnis der eigenen Fähigkeiten und Potenziale leiten lässt? 

Vorschläge, wie Akteure in Nürnberg gemeinsam gegensteuern können, lesen Sie im nächsten Beitrag.

Titelfoto: © Blechwunder Dellentechnik Rüdiger Spies.


Bundesagentur für Arbeit, Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung. Berichte: Arbeitsmarkt kompakt – Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt, Nürnberg, Mai 2020.

Tobias Maier, Auswirkungen der „Corona-Krise“ auf die duale Berufsausbildung, BiBB-Preprint, Version 1.0, Bundesinstitut für Berufsbildung (Hg.), Mai 2020. 

Die Ausleihe von E-Books, Hörbüchern & Co wird immer beliebter – Mehr Veranstaltungen online

Die Ausleihe von E-Books, Hörbüchern & Co wird immer beliebter – Mehr Veranstaltungen online

An 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr verfügbar, mit wenig Kosten- und Zeitaufwand auf das mobile Endgerät übertragbar und bequem erhältlich – die Ausleihe von virtuellen Medien in der Nürnberger Stadtbibliothek boomt. Neben dem wohl bekanntesten Online-Portal, der Onleihe, umfasst das digitale Angebot ebenso Musikstreaming-Plattformen, einen Online-Pressedienst sowie vielfältige Wissensdatenbanken. Medien wie Hörbücher, eBooks oder Zeitschriften als ePaper können dort kontaktlos ausgeliehen oder gestreamt werden, notwendig ist lediglich ein Bibliotheksausweis. Während die meisten Kultureinrichtungen in Nürnberg ihren Betrieb in den letzten Wochen und Monaten aufgrund der Covid 19-Pandemie mehr oder weniger einstellen mussten, war das Ausleihen von Medien in der Stadtbibliothek per Onleihe nach wie vor möglich.

In den Monaten März bis Mai wurden in der Onleihe durchschnittlich 24.567 Medien entliehen, in den drei Vormonaten 19.062, was einer Steigerung um rund 29 Prozent entspricht. Im Mai wurden so viele Medien per Onleihe entliehen wie noch nie (insgesamt 26.194 Entleihungen), was insofern bemerkenswert ist, da seit dem 19. Mai die Bibliotheken wieder geöffnet waren. Ab Juni wurden die Bibliotheken wieder verstärkt auch analog genutzt, weshalb die Ausleihzahlen im analogen wie digitalen Bereich wieder mehr den Zahlen des Regelbetriebs entsprachen.

E-Books und Hörbücher erfreuen sich großer Beliebtheit

Und was ist bei der Onleihe besonders beliebt? Die Nachfrage nach E-Books ist nach wie vor sehr hoch (siehe Abbildung). Außerdem haben die Entleihzahlen bei Hörbüchern im Verhältnis zu E-Books etwas stärker zugelegt — ein Trend, der bereits vor der Corona-Pandemie zu beobachten war, da Hörbücher komfortabel über die Onleihe-App genutzt werden können, so die Stadtbibliothek. Auch die Lizenzen von überregionalen Tageszeitungen wurden aufgrund der hohen Nachfrage erweitert.

Entleihungen elektronisch abrufbarer Medien in der Stadtbibliothek Nürnberg, Januar bis Juni 2020

Quelle: Stadtbibliothek Nürnberg; eigene Darstellung.

Das komfortable Entleihen von Medien über die Onleihe ist schon seit Jahren beliebt bei den Kundinnen und Kunden der Stadtbibliothek. Wie im Nürnberger Bildungsbericht 2019 (Kapitel H „Non-formale Bildung“, S. 250) berichtet, hat sich die Anzahl der Entleihungen der elektronisch lesbaren Medien allein zwischen 2014 und 2018 mehr als verdoppelt.

Durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie wurde nicht nur die Onleihe verstärkt genutzt, auch Veranstaltungen wurden kurzfristig in den digitalen Raum verlegt, wie zum Beispiel Lesungen der Reihe „WortWeltKinder“ mit den Kinderbuchautoren Fabian Lenk und Alice Panthermüller, die nun auf dem YouTube-Kanal des Bildungscampus abrufbar sind.

Auch die abgesagten Aktionstage „Queer“, die ein Zeichen für ein faires Miteinander setzen sollten, wurden zur Online-Aktion „Queer“. Die Stadtbibliothek stellte hier Interviews der „Lebenden Bibliothek“ online, bei der man statt eines normalen Buchs einen Menschen für ein Gespräch „leiht“ und so dessen Geschichte kennenlernt. Queere Menschen waren hier die Lebenden Bücher.

Digitale Angebote beziehungsweise Online-Angebote werden analoge Angebote nicht dauerhaft ersetzen, sondern weiterhin einen eher ergänzenden Charakter haben, so die Stadtbibliothek Nürnberg. Gerade die persönliche Begegnung mit den Kulturschaffenden, wie beispielsweise mit Autorinnen und Autoren im Rahmen von Leseförderaktivitäten, sei gerade für Kinder von zentraler Bedeutung.

Die Stadtbibliothek experimentiert schon länger mit neuen digitalen Formaten oder ergänzenden Angeboten zu Präsenzveranstaltungen. Durch die Corona-Pandemie wurde die Entwicklung nun beschleunigt, was sich insbesondere bei der Planung des diesjährigen Bibliotheksjubiläums zeigt. Am 30. Dezember 2020 wird die Stadtbibliothek 650 Jahre alt und feiert dies mit einem Festakt und zahlreichen Veranstaltungen. Die Planungen mussten aufgrund der sich immer wieder verändernden Hygienevorschriften mehrfach angepasst werden und enthalten nun viel mehr digitale Elemente als ursprünglich angedacht.  Nähere Informationen zum geplanten Programm sind ab September auf der Website der Stadtbibliothek nachzulesen. 

Wegen der hohen Nachfrage arbeitet die Stadtbibliothek momentan daran, Einzelarbeitsplätze wieder zugänglich zu machen, um einer der zentralen Funktionen der Bibliothek als Lernort mit hoher Aufenthaltsqualität (z.B. kostenloser W-LAN-Zugang) Rechnung zu tragen. Auch die Nutzung der Gruppenarbeitsräume, der Musiklounge oder von Konsolen soll schrittweise wieder ermöglicht werden, um der Stadtbibliothek als niedrigschwellig zugänglicher Treffpunkt, Lern- und Erfahrungsraum in Nürnberg gerecht zu werden.


Weitere Informationen zum Besuch der Stadtbibliothek sind unter www.stadtbibliothek.nuernberg.de oder telefonisch unter 09 11/2 31-74 11 erhältlich.

Titelfoto: © Robert Hackner