Wie gehen Jugendliche mit der Vielzahl an Online-Informationen um, die täglich auf sie einströmen? Diese Frage untersucht die PISA-Studie 2022 in der Befragung zu Lernbedingungen, Einstellungen und sozialer Herkunft ebenso wie die aktuelle ICILS-Studie (International Computer and Information Literacy Study 2023), die im November 2024 veröffentlicht wurde.
In der jüngsten PISA-Studie wurden Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 Jahren gefragt, wie sie ihre eigenen Fähigkeiten einschätzen, digitale Informationen zu finden und zu beurteilen. Ein Studienteam der TU München hat den Teil der Befragung zu digitaler Informationskompetenz gesondert ausgewertet und unter dem Titel „Fake News oder Fakten?“ Ende Januar veröffentlicht. Die Forschenden kommen zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit der Jugendlichen sich als kompetent einschätzt, wenn sie Informationen im Netz finden möchte. Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der Befragten gibt an, dass ihnen dies mühelos gelingt.
Schwierigkeiten bei der Erkennung von Fake News
Neben dem Finden von relevanten Online-Informationen ist ein wichtiger Teil der digitalen Informationskompetenz, die gefundenen Informationen qualitativ einschätzen zu können. Weniger als die Hälfte (47 Prozent) der befragten Schülerinnen und Schüler fühlt sich dazu in der Lage, die Qualität der gefundenen Informationen fundiert zu beurteilen und vertrauenswürdige Internetseiten von gefälschten Informationen zu unterscheiden. Im Durchschnitt der OECD-Staaten trauen sich dies 51 Prozent der Schülerinnen und Schüler zu. Außerdem variieren die Ergebnisse nach der besuchten Schulart: So schätzen die 15-Jährigen an nicht gymnasialen Schularten sich deutlich schlechter ein als gleichaltrige Gymnasiastinnen und Gymnasiasten. Lediglich 42 Prozent der Schülerinnen und Schüler an nicht gymnasialen Schularten gaben an, Informationen im Internet problemlos beurteilen zu können. An Gymnasien liegt der Anteil mit 55 Prozent deutlich höher.[1]
Strategien zur Vermeidung von Desinformationen
Nur 62 Prozent der Jugendlichen in Deutschland vergleicht nach eigenen Angaben verschiedene Online-Quellen; im OECD-Durchschnitt sind es 72 Prozent. Außerdem überprüft etwa ein Drittel der befragten Jugendlichen vor dem Teilen in den sozialen Medien nicht, ob Online-Inhalte korrekt sind.
Das Studienteam der TU München zeigt wesentliche Einflussfaktoren auf die selbsteingeschätzte digitale Informationskompetenz der Jugendlichen in Deutschland auf: Je höher die Selbstwirksamkeit im Umgang mit sozialen Medien, das Interesse an sozialen Medien und der sozioökonomische Status sind, desto häufiger vergleichen Jugendliche mehrere Quellen.[2]
Einen Eindruck davon, wie präsent das Problem in der Lebenswelt Jugendlicher ist, gibt die aktuelle JIM-Studie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger: 61 Prozent der befragten Jugendlichen gaben 2024 an, im letzten Monat bewusst irreführenden Informationen begegnet zu sein. Die JIM-Studie erfasst auch andere problematische Inhalte wie Beleidigungen, ungewollte pornographische Inhalte und Verschwörungstheorien. Diese werden öfter benannt, je höher der Bildungsgrad der Befragten ist. Neben unterschiedlichen Nutzungshäufigkeiten liegt ein möglicher Erklärungsansatz dafür, dass Jugendliche mit unterschiedlichem Bildungsstand die ihnen begegnenden Inhalte unterschiedlich einordnen.[3]
Die aktuelle international vergleichende Schulleistungsstudie ICILS untersucht unter anderem computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich. Computer- und informationsbezogenen Kompetenzen meinen „individuelle Fähigkeiten einer Person, die es ihr erlauben, digitale Medien zum Recherchieren, Gestalten und Kommunizieren von Informationen zu nutzen und diese zu bewerten, um am gesellschaftlichen Leben erfolgreich teilzuhaben“ (ICILS 2023: Die Ergebnisse im Überblick). Die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen der deutschen Achtklässlerinnen und Achtklässlern lagen 2023 leicht über dem internationalen Durchschnitt, es zeigt sich jedoch ein deutlicher Kompetenzrückgang seit 2013. [4] Mehr als 40 Prozent der deutschen Schülerinnen und Schüler der 8. Jahrgangsstufe erreichten nur maximal die unteren zwei Kompetenzstufen und haben nur grundlegende digitale Fähigkeiten. Schülerinnen und Schüler, die nur die beiden unteren Kompetenzstufen erreichen, können beispielsweise einen Internetlink finden und anklicken, aber die Information nicht einordnen und bewerten. Der wesentliche Unterschied zu höheren Kompetenzniveaus liegt darin, dass die Fähigkeit zu einer reflektierten und eigenständigen Nutzung nicht gegeben ist. [5]
Förderung von Medienkompetenz ist Demokratieförderung
Die Ergebnisse der vorliegenden Studien verdeutlichen die Notwendigkeit, Jugendlichen die Fähigkeit, kritisch und reflektiert mit digitalen Informationen umzugehen, zu vermitteln. Klaus Lutz, Pädagogischer Leiter des Medienzentrums Parabol in Nürnberg, sieht in einer zunehmend digitalisierten Welt in der Medienkompetenz den Schlüssel, um Risiken zu minimieren und Chancen zu maximieren: „Für die Stärkung unserer Demokratie gilt es den Fokus auf die Befähigung junger Menschen zu legen, kompetent und verantwortungsvoll mit sozialen Medien umzugehen. Ihre Nutzung ist als gesamtgesellschaftliche Erscheinung anzusehen, die von Erwachsenen ebenso geprägt wird wie von Kindern und Jugendlichen. Junge Menschen müssen u. a. lernen, Informationen kritisch zu bewerten, Datenschutzaspekte zu verstehen und sich sicher und souverän in sozialen Netzwerken zu bewegen.“
[1] Kastorff, T., Müller, M., Selva, C., Greiff, S., Moser, S. (2025): Fake News oder Fakten? Wie Jugendliche ihre digitale Informationskompetenz einschätzen und welche Rolle Schulen und Lehrkräfte dabei spielen. Erkenntnisse aus PISA 2022., S. 6.
[2] Kastorff, T., Müller, M., Selva, C., Greiff, S., Moser, S. (2025): Fake News oder Fakten? Wie Jugendliche ihre digitale Informationskompetenz einschätzen und welche Rolle Schulen und Lehrkräfte dabei spielen. Erkenntnisse aus PISA 2022., S. 11.
[3] Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest (2024): JIM-Studie 2024: Jugend, Information, Medien, S. 53f.
[4] Eickelmann, B., Fröhlich, N., Bos, W., Gerick, J., Goldhammer, F., Schaumburg, H., Schwippert, K., Senkbeil, M., Vahrenhold, J. (2024): ICILS 2023 #Deutschland. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen und Kompetenzen im Bereich Computational Thinking von Schüler*innen im internationalen Vergleich. S.58f.
[5] Deutsches Schulportal, 12.11.2024: ICILS 2023. Digitale Kompetenzen – 40 Prozent der Jugendlichen sind abgehängt. Online abrufbar unter: ICILS 2023 – Digitale Kompetenzen – 40 Prozent der Jugendlichen sind abgehängt
Titelbild: © Paula Ludwig, Parabol.
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