Bildungsbüro Nürnberg – Bildungsblog

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Workshops der Nürnberger Bildungskonferenz: (8) Grundbildung (9) Berufliche Inklusion

Beitrag vom 11. Dez. 2023

Die Suche nach potentiellen Fachkräften bleibt oft auf der Ebene der reinen Personalakquise stecken. Dabei können Bildungsangebote gerade bei Personengruppen, die noch nicht im Mittelpunkt der Bemühungen stehen, nachhaltige Beschäftigung schaffen. Auf der Bildungskonferenz beschäftigten sich Workshops damit, wie Grundbildungsinhalte in die Angebote im Sozialraum eingebettet werden können und wie mit den Kompetenzfeststellungen im behinderte Menschen ihren Platz im allgemeinen Arbeitsmarkt finden können.

Workshop “Grundbildung vor Ort: Lernanlässe und Kooperationen im Sozialraum initiieren”

Der Workshop „Grundbildung vor Ort:  Lernanlässe und Kooperationen im Sozialraum initiieren“ begann mit ganz konkreten Einblicken in ein Nürnberger Praxisbeispiel für gering literalisierte Erwachsene: Den Lerntreff, den das Bildungszentrum in diesem Jahr neu eingerichtet hat mit einer Anschubfinanzierung durch den Deutschen Volkshochschulverband. Neben der Einrichtung des Projektraums können somit zahlreiche Grundbildungsangebote gemacht werden. Oft spielen dabei Kooperationen eine Rolle, beispielsweise mit der Abfallberatung oder der Stadtbibliothek. Ein besonderer Schwerpunkt im Nürnberger Lerntreff liegt laut Anna Benkert vom Fachteam Gesundheit im Bildungszentrum auf dem Thema Gesundheitsbildung. So ist für die Zeit nach der Anschubfinanzierung eine Weiterentwicklung des Ansatzes in Zusammenarbeit mit dem Projekt „Gesunde Südstadt“ und eine noch stärkere Vernetzung im Stadtteil geplant.

 „Gesundheitskompetenz ist großteils Informationskompetenz“ meinte Hella Krusche von der Fachstelle für Alphabetisierung und Grundbildung beim Bayerischen Volkshochschulverband und nahm das Beispiel aus dem Bildungszentrum als Ausgangspunkt für einen umfassenden Überblick in bezug auf Grundbildungsangebote.

Hella Krusche, Bayerischer Volkshochschulverband

Laut Leo-Studie 2018 lag der Anteil gering literalisierter Erwachsener an der Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren bundesweit bei 12.1 %. Gegenüber der ersten Studie 2010 hat sich der Anteil um 2,4 Prozentpunkte verringert. Anhand einer Faustformel schätzte Krusche die absolute Zahl gering literalisierter Menschen für Nürnberg auf rund 40.000 Personen.

Seit Beginn der Dekade für Alphabetisierung im Jahr 2016 sind laut Krusche beinahe unüberschaubare Mengen an qualitativ hochwertigen Materialien und Tools für die Alphabetisierung Erwachsener entstanden. Trotz des tollen Angebots gebe es nach wie vor ein großes Problem bei der Gewinnung der Zielgruppe für die Grundbildungsangebote, konstatierte Krusche und warb in diesem Zuge für Kooperationen zwischen Bildungsanbietern und Institutionen im Sozialraum, wie es zuvor am Beispiel des VHS Lerntreffs am BZ gezeigt wurde.

Workshop “Mit dem TalentPASS berufliche Inklusion fördern”

Der Workshop begann mit einer Auflockerungseinheit, bei der die Teilnehmenden immer dann aufstanden, wenn das Gesagte auf sie zutraf. Bei der Aussage “Ich kenne Menschen, die schwer lernen können, persönlich.” erhoben sich nahezu alle Teilnehmenden von ihren Plätzen. Mit diesem Eindruck startend wurde von Claudia Drechsel, Inklusionsberaterin bei ACCESS Inklusion im Arbeitsleben, das Projekt TalentPASS vorgestellt, das von März 2019 bis Oktober 2023 durchgeführt wurde. Das Projekt leistete einen wichtigen Beitrag zum Erwerb, Erhalt und Erweiterung der beruflichen Handlungsfähigkeit für Menschen mit Behinderung zur nachhaltigen Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben.

Claudia Drechsel (li.) und Merve Gürses, Access gGmbH

Menschen mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung in “angelernten Tätigkeiten” besitzen eine Reihe non-formal und informell erworbener Berufserfahrungen. Hierüber fehlten jedoch häufig Qualifikationsnachweise. In dem Projekt erhielten die Teilnehmenden daher ein flankierendes Bildungscoaching, in dessen Rahmen auch eine Kompetenzfeststellung erfolgte und so wesentliche Fähigkeiten und Kompetenzen zertifiziert werden konnten. Zudem konnten die Teilnehmenden mit Weiterbildungen ihre beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten erweitern und erhielten dabei von ihren Bildungscoaches genau die Unterstützung, die sie persönlich benötigten.

„Ein Zeugnis oder Zertifikat über berufliche Kompetenzen hilft Arbeitsplätze zu sichern und stärkt zudem Motivation und Selbstvertrauen“, so Claudia Drechsel. Insgesamt erlangten die Teilnehmenden im Rahmen des Projekts 40 Zertifikate über ihre Fähigkeiten. 29 Personen nahmen zudem an einer Weiterbildung teil, einige sogar an mehreren. So wie die ehemalige Teilnehmerin, Merve Gürses, die von ihrem Werdegang im Projekt berichtete. Frau Gürses wollte schon immer gern mit Kindern arbeiten und hat das mit Hilfe von Access geschafft. Heute ist sie fest in einem Kindergarten angestellt und übernimmt z.B. Tätigkeiten im Bereich der Hygienemaßnahmen und der Essensvorbereitung. Am meisten macht ihr die Kinderbetreuung Spaß. Mit dem TalentPASS hält sie nun auch eine Bestätigung ihrer erzieherischen Kompetenzen in der Hand. Frau Gürses wurde im Rahmen des Peer-support-Ansatzes im Projekt zudem als „Arbeitsexpertin“ ausgebildet, um auch anderen für einen individuellen Weg auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Mut zu machen.


Titelbild: © Stadt Nürnberg, Petra Kellner

Bildnachweis: © Stadt Nürnberg, Rudi Ott.

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