Bildungsbüro Nürnberg – Bildungsblog

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Workshops der Nürnberger Bildungskonferenz: (5) Spracherwerb von Anfang an (6) Berufssprachkurse für Zugewanderte (7) Berufssprach-Test Deutsch in der Berufsschule

Beitrag vom 11. Dez. 2023

Sprachbildung gilt als wichtige Grundlage für die Teilhabe am Arbeitsmarkt und dem gesellschaftlichen Leben allgemein. Je nach Zielgruppe lässt sich der Spracherwerb für zugewanderte Menschen anders organisieren und steuern. Wie Spracherwerb passgenau in Integrationskursen, in der Berufsschule und der Berufspraxis funktionieren kann und welche Erfahrungen es dabei gibt, war Gegenstand der Workshops auf der 14. Nürnberger Bildungskonferenz.

Workshop „Spracherwerb von Anfang an ermöglichen“

Im Workshop „Spracherwerb von Anfang an ermöglichen“ arbeitete Tamara Morro von der Zentralen Anlaufstelle Migration – Beratung gemeinsam mit den Teilnehmenden heraus, wie rechtliche Rahmenbedingungen die Möglichkeiten des Deutschspracherwerbs bedingen. Während Personen mit Aufenthaltserlaubnis und EU-Bürger/-innen der Zugang zu bundesgeförderten Integrations- und Berufssprachkursen schon länger möglich ist, haben sich die Zugangsmöglichkeiten für die meisten Asylbewerber/-innen erst seit Januar 2023 durch rechtliche Neuerungen verbessert. Unter den Personen mit Duldung hingegen dürfen nur einige wenige Gruppen, z.B. durch Nachweis von „Arbeitsmarktnähe“ an den bundesgeförderten Kursen teilnehmen. Trotz rechtlicher Verbesserungen sind in der Praxis für beide Gruppen noch immer deutliche Zugangshürden festzustellen. Während die eine Gruppe rechtlich keinen Zugang hat, fehlt es der anderen an Wissen über ihre Zugangsmöglichkeiten.

Tamara Morro, ZAM-Beratung

„Sogar mancher Sprachkursträger weiß nichts von den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen“, konstatierte Kirsten Brandt, die bei der Noris-Arbeit die Deutschlernangebote verantwortet. An diesem Punkt setzt das städtische Sprachlernprogramm an, indem es einerseits auf gezielte Informations- und Beratungsangebote in der ZAM-Beratung setzt, andererseits städtische Mittel für alle jene zur Verfügung stellt, die nicht an bundesgeförderten Kursen teilnehmen dürfen.

Kirsten Brandt, Noris-Arbeit gGmbH

Dr. Ursula Häußler, Bildungszentrum

Dr. Ursula Häusler, Bildungszentrum, und Kirsten Brandt berichteten im Anschluss aus der pädagogischen Praxis des kommunalen Programms Deutschspracherwerb. Ein kurzer Blick auf die Zusammensetzung der Teilnehmenden machte die große Heterogenität deutlich, die die Sprachkursträger vor einige Herausforderungen stellt. Das gezielte Einschätzen von Ausgangssprachniveau und Lernfähigkeit durch erfahrene Sprachtesterinnen des Bildungszentrums und die unterschiedliche Schwerpunktsetzung der Sprachkursträger Bildungszentrum und Noris-Arbeit tragen eben jener Heterogenität Rechnung. So lernen Teilnehmende an städtisch finanzierten Kursen, die ein höheres Ausgangssprachniveau haben und bei denen ein schnelleres Lerntempo zu erwarten ist, beim Bildungszentrum in den Selbstzahler- und Integrationskursen. Teilnehmende mit niedrigem Ausgangssprachniveau oder Alphabetisierungsbedarf profitieren hingegen von der jahrelangen Erfahrung der Noris-Arbeit in diesem Bereich. In einigen Kursformaten wird dort auch Menschen mit multiplen Lernhemmnissen beispielsweise durch zusätzliche sozialpädagogische Betreuung und niedrige Teilnehmerzahlen das Deutschlernen ermöglicht.

Workshop „Berufssprachkurse für Zugewanderte systematisch verankern“

Im Workshop „Berufssprachkurse für Zugewanderte systematisch verankern“ standen die Möglichkeiten der vom Bund geförderten berufsbezogenen Deutschsprachförderung (nach DeuFöV) im Mittelpunkt. Franziska Scheler vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellte dazu das breite Portfolio der Berufssprachkurse (BSK) vor. Die Kurse sollen eine Lücke im Deutschspracherwerb nach dem Besuch des Integrationskurses schließen und die Integration in den Arbeitsmarkt fördern. Sie richten sich an berufstätige Zugewanderte und können online oder in Präsenz durchgeführt werden.

Franziska Scheler, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Ariane Baderschneider vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) berichtete über spezielle Kursarten der BSK aus wissenschaftlicher Sicht. Es wurde festgestellt, dass Auszubildende durch die Azubi-BSK besser auf den Ausbildungsalltag und anstehende Prüfungen vorbereitet waren, was letztlich dem Ausbildungserfolg zu Buche schlägt. In den Fachpraxis-BSK (UB1-Kurs) befinden sich vorrangig gering literalisierte Menschen. Sie profitierten besonders von den Kursen, da sie an den individuellen Kompetenzen und Lernbedingungen ansetzen und auf formale Prüfungssituationen verzichten. Um die BSK in der Arbeitszeit zu verankern, sei die Zusammenarbeit mit den Betrieben und die Berücksichtigung des betrieblichen Alltags notwendig, was jedoch die Beteiligten auch vor Probleme stelle. Besonders aus dem Kreis der beim Workshop anwesenden Sprachkursträger und Arbeitgeber wurde dies bestätigt.

Ariane Baderschneider, Forschungsinstitut Betriebliche Bildung

Wo jedoch dringend Fachkräfte gesucht werden, stellten BSK eine der wichtigsten Möglichkeiten dar, zugewanderte Menschen sprachlich für den Arbeitsalltag zu rüsten. Michael Hertlein von der MASK Zentrum Sprachschule teilte vor diesem Hintergrund seine Praxiserfahrungen in der Umsetzung von Berufssprachkursen Bereich der Heil- und Pflegeberufe. Er betonte, dass der berufs- und branchenspezifische Austausch untereinander im Kurs ein großer Gewinn für die Teilnehmenden sei und den Spracherwerb fördere. Die Teilnehmenden hatten zudem durch ihre Zielorientierung – der Beschäftigung als qualifizierte Fachkraft – eine hohe Teilnahmemotivation.

Michael Hertlein, MASK Zentrum Sprachschule

Der Workshop konnte damit verschiedene Perspektiven auf das Instrument der Berufssprachkurse richten. Wie die Diskussion zeigte, muss aber ein besonderes Augenmerk auf die Information von und Zusammenarbeit mit Betrieben (möglicherweise auch im Verbund) gerichtet werden, um den Deutschspracherwerb und die Qualifizierung zeitgleich zu befördern und Arbeitskräfte zu gewinnen.

Workshop „Mit dem Berufssprach-Test Deutsch die individuelle Sprachförderung in der Berufsschule unterstützen“

Für die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern erhält die sprachliche Diagnostik an Schulen eine immer größere Bedeutung. Das Projekt „Nürnberger Berufliche Schulen Deutsch-Test“ (kurz NBD-T) soll Schulen den Weg in die digitale Transformation der pädagogischen Diagnostik im Bereich „Sprache“ ebnen. Zu Beginn einer Ausbildung werden die Sprachkompetenzen der Schüler/-innen mit einem digitalen Tool erhoben, um den Förderbedarf in Regelklassen zu identifizieren. Der Test ist berufsübergreifend konzipiert und orientiert sich an typischen Handlungssituationen. Im Workshop berichtete Andreas Schwibach, Amt für Berufliche Schulen in Nürnberg, von der Entwicklung des NBD-T durch ein multiprofessionelles Projektteam aus Wissenschaft und Schule. Damit wurde sichergestellt, dass ein adäquates Testdesign vorliegt.

Andreas Schwibach, Amt für Berufliche Schulen

Zum praktischen Einsatz berichtete Barbara Gittel, Schulleiterin der Beruflichen Schule 14 für Ausbildungsberufe in den Bereichen Logistik, Tourismus und Recht.

Barbara Gittel, Berufliche Schule 14

Deutlich wurde durch die Vorträge, dass es bei dem Test nicht um eine bloße Sprachstanderhebung geht, sondern aus der Anwendung auch konkrete pädagogische Maßnahme folgen. Dazu zähle beispielsweise die gezielte individuelle Förderung oder auch eine gezielte Platzierung von sprachlich schwächeren und stärkeren Schülerinnen und Schülern im Klassenzimmer. Der Test diene also nicht der Beurteilung, sondern macht Unterstützungsbedarfe sichtbar.

Im Publikum herrschte großes Interesse am Sprachtest und es wurden Fragen rund um den Datenschutz und konkrete Anwendungsmöglichkeiten, die die Arbeit der Lehrkräfte unterstützt und ein individualisiertes Vorgehen bei einem sprachsensiblen Unterricht erleichtert.


Titelbild: © Stadt Nürnberg, Petra Kellner

Bildnachweis: © Stadt Nürnberg, Rudi Ott.

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