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Vom Kabelfernsehen zu Tiktok – das Medienzentrum Parabol entwickelt seit 40 Jahren Medienpädagogik weiter

Beitrag vom 25. Jun. 2024

1984 wurde mit dem Medienzentrum Parabol ein Verein gegründet, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, junge Menschen beim Hineinwachsen in eine von Massenmedien geprägte Gesellschaft zu begleiten und zu unterstützen. Klaus Lutz ist Medienpädagoge und Geschäftsführer des Medienzentrums. Er blickt mit uns auf die Geschichte der Einrichtung und die aktuellen Herausforderungen.

Das Medienzentrum Parabol feiert dieses Jahr seinen 40. Geburtstag, Sie waren von Anfang an dabei. In dieser Zeit hat sich die Medienlandschaft enorm verändert. Was waren für die Medienpädagogik die wichtigsten Themen?

Die Grundfrage der Medienpädagogik ist meiner Meinung nach seit dem Aufkommen des Buchdrucks gleichgeblieben, nämlich: Wie wirken sich Massenmedien auf das Zusammenleben der Menschen aus? Das zieht sich eigentlich bis heute durch, nur, dass wir das heute mit Blick auf TikTok diskutieren. Aber natürlich gab es immer wieder Entwicklungssprünge. Ich erinnere mich noch an unsere erste Ausstellung, bevor wir überhaupt eigene Räume hatten. Die hieß „Vom Nabel ans Kabel“. Es ging um die Frage, wie abhängig uns Medien machen und wie sie mit unseren Daten umgehen – noch ganz ohne Internet und Handy.

Dann haben wir angefangen, mit jungen Menschen selbständig Filme zu produzieren. Danach kamen die nächsten technischen Entwicklungen, der C64. Der Computer kam ja nicht zuerst in den Büros an, sondern in den Jugendzimmern, deshalb war das für uns ein Thema.

Der nächste Sprung war die private Anwendung des Internets. Aber die eigentliche Neuerung war dann das Auftauchen von Facebook, weil damit erstmals Menschen ohne Programmierkenntnisse Inhalte ins Netz stellen konnten. Und das hat medienpädagogisch natürlich ganz neue Fragestellungen aufgeworfen. Dann kam das Smartphone dazu, mit dem das Internet in die Hosentasche gewandert ist.

Klaus Lutz ist Geschäftsführer des Medienzentrums Parabol.

Welche Themen sind in der Medienpädagogik derzeit aktuell?

Das Neue, woran wir uns gerade abarbeiten, ist die künstliche Intelligenz, die wieder ganz neue Fragen aufwirft nach der Glaubwürdigkeit von Nachrichten etwa oder nach der narzisstischen Kränkung: Ist der Mensch wirklich noch der Maschine überlegen? Insofern treiben neue technische Entwicklungen die Medienpädagogik immer vor sich her und machen neue Arbeitsfelder auf, auch wenn die Grundfragen dieselben bleiben.

Geht es dann nicht auch immer um Überforderung, die durch technologische Sprünge erzeugt wird?

Es gibt einen Rhythmus, der sich immer wieder zeigt, nämlich, dass mit dem Aufkommen einer neuen Technologie erst einmal Schreckensszenarien und eine große Skepsis und Ablehnung einhergehen. Mit der Zeit relativiert sich das aber und es stellt sich das Gefühl ein, sinnvoll mit der neuen Technik umgehen zu können, wenn man bestimmte Risiken vermeidet.

Es wird häufig von uns verlangt, dass wir mit einem Fokus auf den Jugendschutz an diesen Dingen arbeiten. Aber es ist uns auch wichtig, dass wir dem Interesse von Jugendlichen an Massenmedien nicht nur kritisch begegnen, sondern auch anerkennen, unterstützen und ermöglichen. Natürlich klären wir zum Beispiel über Gefahren etwa mit toxischen Internetcommunities auf. Aber unser Zugang ist auch, zu akzeptieren, dass Medien eigenständige Jugendkulturen hervorbringen und dass Jugendliche teilweise digitale Medien kritischer und kreativer nutzen als manche Erwachsene. Und dabei unterstützen wir sie.

Mit Rückblick auf die Corona-Pandemie: Welche negativen – aber vielleicht auch positiven – Langzeitwirkungen lassen sich feststellen?

Es hat Alltagskommunikation extrem verändert, dass Technologien wie Zoom-Meetings normal geworden sind. Das verändert ja auch persönliche Beziehungen und das wird von den Jugendlichen stark diskutiert, auch in unseren Jugendgruppen. Was sind Vorteile von diesen Kommunikationsformen? Wie oft muss man sich aber auch persönlich treffen für ein Gruppenzugehörigkeitsgefühl?

Und was natürlich hart war: Die Jugendlichen sind während Corona in ihrer Entwicklung einfach auf Pause gestellt worden. Einen 60-Jährigen wie mich auf Pause zu stellen, hat wenig Auswirkungen. Jemandem mit 18 fehlen einfach zwei Jahre, in denen er sich nicht oder nur sehr eingeschränkt mit seinesgleichen physisch treffen kann. Denn wie jede Jugendstudie zeigt, ist trotz aller Medienaffinität das Wichtigste für die Jugendlichen, sich live und analog zu vergesellschaften.

Als Medienzentrum haben wir auf der anderen Seite natürlich schon auch von Corona profitiert. Heute würde glaube ich unabhängig von der Parteizugehörigkeit niemand sagen, man braucht kein Medienzentrum in einer Stadt mit 500.000 Einwohnern.

Und was hat Parabol für Gewerke bzw. welche Bereiche werden abgedeckt?

Wir haben diesen Multimediabereich, den Radiobereich und den Bewegtbildbereich. Aber ein Hauptarbeitsfeld sind im Moment schon die sozialen Medien. Zum Beispiel haben wir gerade ein Projekt durchgeführt mit dem Titel „How to Social Media“. Da haben wir ein Webinar für Vereine und nichtkommerzielle Einrichtungen der Jugendarbeit entwickelt, in dem beispielsweise erklärt wird: Wie nutze ich die verschiedenen Plattformen? Wie mache ich gutes Storytelling? Denn für solche Akteure wird es immer wichtiger, sich auf Tiktok, Youtube oder Instagram gut zu präsentieren. 

Abbildung 1: Anzahl der Fortbildungen und Workshops im Projekt „Fake or Real“, 2021 bis 2024

Quelle: Medienzentrum Parabol, eigene Darstellung.

Das ist ja ein relativ neues Projekt. Was wäre denn ein Beispiel für ein Projekt, das es schon seit vielen Jahren gibt?

Wir haben heuer das 36. mittelfränkische Jugendfilmfestival. Da haben wir zwischen 80 und 100 Einsendungen pro Jahr von selbst erstellten Filmen von Jugendlichen. Seit 20 Jahren gibt es außerdem das Kinderfilmfestival. Da kommen an vier Tagen zwischen 1.000 und 1.200 Kinder ins E-Werk in Erlangen, machen da Workshops und bringen ihre eigenen Filme mit. Was jetzt auch bereits seit mehr als zehn Jahren läuft, ist die Jugendsendung Polaris, die wir über Franken Fernsehen aussenden und danach auf Youtube ausspielen. Das sind durchgehende Projekte. Jetzt vor der Europawahl haben wir 20 Fake News Projekte durchgeführt, etwa die Hälfte davon mit einem speziellen Fokus auf das Thema Europa (vgl. Abbildung 1).


Titelbild (Kinderfilmfestival: Kinder bekommen im Medienzentrum Parabol die Möglichkeit, eigene Trickfilme zu produzieren) und Beitragsbild: © Parabol.

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